Jedes Jahr am ersten Sonntag im Mai findet in der kleinen Mühlviertler Ortschaft Gutau der Färbermarkt statt. Ich bin dort gerne Gast. Es ist mit einer eigenwillig archaischen Stimmung behaftet, durch den Standlmarkt zu schlendern und die Waren der Leinenweber, Färber und Kunsthandwerker zu bestaunen. In Gutau lässt sich auch das einzige Färbermuseum Österreichs besichtigen, das viel über den Blaudruck und seine Geschichte zu erzählen weiß.
Heuer habe ich mir zwei Stoffservietten der Handblaudruckerei Wagner aus Bad Leonfelden geleistet, die heute noch in Handarbeit mit teils uralten Druckmodeln wundervoll indigogefärbte Leinenstoffe herstellt. Ein echtes Blaudruckdirndl kommt auch irgendwann, bestimmt.
Das Mühlviertel war einst ein traditionsreiches Leinanbaugebiet, ein Zentrum der Leinenweberei und Färberei. Der blühende Lein (oder auch Flachs genannt) hüllte weite Teile der Landschaft in verlockendes Blau. Muss das schön gewesen sein. Auch das Färben mit Pflanzen wie Färberwaid, Färberdistel oder der Krappwurzel gehörte zu dieser Kultur dazu. Und steht auch auf meiner Projektliste ganz oben. Letztes Jahr habe ich den Versuch gewagt, einige Stoffe mit Holunderbeeren zu färben. Das Lila war betörend, allerdings blieb nach dem Waschen nur mehr ein spärliches (und gar nicht mehr attraktives) Grau zurück. Mmh, der nächste Versuch folgt bestimmt.
Neben den Fasern für die Leinenherstellung lieferte der Flachs auch den wertvollen Leinsamen, aus dem Leinöl gepresst wurde. Im Mühlviertel sind heute noch einige kleine, dezentrale Ölmühlen beheimatet, wie etwa die Ölmühle Haslach, die das Leinöl wieder populär machen wollen.
Ein traditionelles und einfaches Gericht sind Leinölerdäpfel, blättrig geschnittene Kartoffeln in einer sämigen Sauce aus Milch und Leinöl. Eine echte Leibspeise.
Leinölerdäpfel
(aus „Mühlviertler Küche“ von Georg Friedl, erschienen im Verlag Bibliothek der Provinz)
Zutaten für 4 Personen
8 große halbmehlige Erdäpfel (Friedl empfiehlt die Sorte Linzer Rose)
1/8 l Leinöl
½ l Milch
Salz, Muskat
1 EL Leinsamen, ganz oder frisch geschrotet
Schnittlauch
1. Erdäpfel kochen, schälen und blättrig schneiden.
2. In einen Topf geben und knapp bedeckt mit Milch auffüllen, 1/16 l Leinöl dazugeben.
3. Mit Salz und Muskat würzen und zum Kochen bringen.
4. Auf kleiner Flamme köcheln lassen, bis die Milch mit den Erdäpfeln sämig eingekocht ist.
5. Mit Leinöl, Leinsamen(schrot) und Schnittlauch anrichten.
Was die Samen des Leins so besonders (und auch so empfindlich*) macht, sind die so genannten Omega-3-Fettsäuren, die in besonders großer Menge im Leinöl enthalten sind. Diese Art von Fettsäuren ist im menschlichen Stoffwechsel unentbehrlich (Bestandteil der Zellwände, Gehirnentwicklung, günstig bei Bluthochdruck und entzündlichen Prozessen,…), gleichzeitig aber sind wir auf die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren über die Nahrung angewiesen, weil wir sie selber nicht herstellen können. Also zwei- bis dreimal pro Woche Kaltmeeresfische, wie es die Ernährungswissenschaft vorschlägt? Diese Empfehlung bring ich kaum noch über die Lippen angesichts dessen, was in den Weltmeeren gerade passiert. Leinöl ist da doch eine grandiose – und noch dazu regionale – Alternative.
Eine, die den Wert des Leinöls auch aus wissenschaftlicher Sicht intensiv erforscht hat, war Frau Dr. Johanna Budwig. Ihr haben wir die so genannte Öl-Eiweiß-Kost zu verdanken, die an und für sich als Diätform bei Krebserkrankungen entwickelt wurde. Ich kann ihr aber auch für mein alltägliches Frühstück etwas abgewinnen, beispielsweise den Leinöl-Topfen mit Früchten.
Leinöl-Topfen
Zutaten für 1 Portion
125 g Topfen
3 EL Leinöl
3 EL Milch
1 TL Honig
2 EL frisch geschroteter Leinsamen (geht gut in der Kaffeemühle)
Früchte und Nüsse nach Geschmack
1. Topfen mit Leinöl, Milch und Honig zu einer glatten Creme verrühren.
2. Mit Leinsamen und Früchten / Nüssen bestreuen.
Die wissenschaftlichen Hintergründe für diese Kostform sind übrigens (ganz kurz gefasst) folgende: Die Zellatmung in unserem Körper, also die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff, kann nur dann gut funktionieren, wenn auch die Zellmembranen optimal beisammen sind. Das wiederum hängt eng mit dem Fettstoffwechsel und den Omega-3-Fettsäuren zusammen, aber auch mit bestimmten Eiweißbausteinen, den schwefelhaltigen Aminosäuren.
Was das alles mit Krebs zu tun hat? Krebszellen sind in der Lage, auch ohne Sauerstoff zu überleben – und damit im Vorteil, wenn die Zellatmung schlecht funktioniert.
Budwigs Gleichung lautete daher: Omega-3-Fettsäuren + schwefelhaltige Aminosäuren = gute Zellatmung. Oder auch: Leinöl + Topfen = Gesundheit.
Sicher weiß man, dass es für die Entstehung von Krebserkrankungen ganz schön viele, teils noch unerforschte, Ursachen gibt. Aber irgendwie klingt das für mich plausibel. Und es spricht ja nichts dagegen, gleich mal vorbeugend meine Zellen zu verwöhnen…
bitte nächstes jahr vorher dran erinnern! war vor ein paar wochen in der gegend auf recherche unterwegs, aber mehrere webereien hatten zu. vielleicht zum glück, sonst hätte ich mich an leinenhangerln dumm und deppert gekauft, obwohl ich schon mehr als genug habe. ich muss irgendwann mal an dieses leinöl kommen, das ist mwn in wien nicht (einfach) zu bekommen.
AntwortenLöschenMir geht es aehnlich wie katha: ich hab den Termin einfach verpasst. Ich habe durch Freunde im Bad Aussee und im Burgenland, die Blaudrucken, eine grosse Liebe dazu.
AntwortenLöschenWir sollten derartige Termin irgendwie sammeln und publizieren ...
Dann sag ich euch zur Sicherheit jetzt gleich, dass am 21. und 22. Juli der Webermarkt in Haslach stattfindet.Ich war schon einige Jahre nicht mehr dort, damals hat es mir aber sehr gut gefallen!
AntwortenLöschenwäre ein projekt für "mahlzeit!" - aber das zu koordinieren ist ein teilzeitjob.
AntwortenLöschenIch werd mich bemühen, dran zu denken, Katha! Ich hab auch ordentlich viel Geld ausgegeben, nicht nur für Blaudruck, auch für Hangerl aus Mühlviertler Zwilch, das ist der Stoff, der zum Beispiel für die Strudeltücher hergenommen wurde (ich hab meins von Oma geerbt...).
AntwortenLöschenEline, ist ja oft nicht so leicht, all die Termine unter einen Hut zu bringen... So ein "Brauchtums-Kalender" wär toll, aber wie Katha schon gesagt hat, mordsviel Arbeit...
Küchenschabe, der Termin steht schon in meinem Kalender. Mal schauen, ob ich es dorthin schaff :-)
Beim Webermarkt in Haslach brauchst du gute Nerven, wenn du mit dem Auto kommst (oder Glück!) Wir haben letztes Jahr wieder umgedreht, weil ein Riesen-Verkehrschaos war. Aber ich probier es auch noch mal ....
LöschenJa, stimmt, Eline. Ich hatte dieses Jahr Glück und gleich eine Parklücke entdeckt. Und ich war auch ziemlich in der Früh. Da waren auch noch nicht sooo viele Leute - das war mir eine Lehre vom Jahr davor: Platzangst!
LöschenMeine Eltern hatten mal ein Wochenendhaus im Mühlviertel, also eigentlich eine Wochenendhütte, und zwar gaaaaanz weit oben, beim Hochficht. Damals als Teenager dachte ich: Lieber sterbe ich, als dort zu leben! Heute beneide ich die Mühlviertler. Ich Depp sitz' jetzt in Wien, und polier mein G'schirr mit Ikeafetzen :(
AntwortenLöschenDanke Ursi für den Hinweis mit dem Johannisöl. Ich hab heuer auch eins angesetzt, aber mit Olivenöl. Hab irgendwie so die Befürchtung, dass das Leinöl die Wartezeit in der Sonne nicht gut (also relativ geruchsneutral) übersteht. Das auf dem Foto, bist das du??? ;-)
AntwortenLöschenFrau Ziii, da brauchst du mir nichts zu erzählen, mir gings genauso. Ich hatte eine Zeit, da wollte ich auch immer in die große Stadt. Jetzt find ichs schön daheim. Wobei, Hochficht, das ist ja schon arg weit weg vom Schuss ;-) Und du kannst beruhigt sein: Manchmal, da beneide ich die Wiener! Was man nicht hat... Viel Elan noch beim G'schirr polieren!!!
Sehr geehrte Blogger,
AntwortenLöschenich weiß es ist vielleicht noch etwas früh, aber nachdem der Termin schon feststeht, möchte ich ihn hier veröffentlichen:
Der Färbermarkt Gutau 2013 findet am Sonntag, 5. Mai 2013 von 8.30 bis 17 Uhr statt.
Als hoffentliche bis dann in Gutau
Dankeschön, Herr Gutenthaler, ich freu mich über Ihren Besuch und die Terminankündigung :-) Also, liebe Leserschaft, Save the date!
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