Oma aß jeden Tag einen Apfel. Das hatte sie gelesen, dass man dann keinen Doktor mehr braucht. Ihr dabei zuzusehen, erforderte Geduld. Sie teilte den Apfel in Stücke, schälte hauchdünn, schnitt das Kerngehäuse genau an der Grenze zum Fruchtfleisch heraus. Wie weit war sie entfernt von der Wegwerfgesellschaft, die uns heute prägt. Die keinen Mangel kennt, keine kargen Zeiten.
Ich sehe sie sitzen, die große Schüssel auf den Knien. Sauber geschälte Äpfel neben ihr. Oma blatt’lt sie ganz fein, für die mürben Apfelschlangerl. Ich sehe sie werken in ihrer Küche, den Mürbteig ausrollen, Zimt und Zucker zu den Äpfeln schütten, die Schlangerl füllen und backen.
Meine Großeltern hatten sich gern bis zum Ende, da war vielleicht auch Omas Küche ein Grund. Es war eine Freude, ihnen zuzusehen und es wurde auch von Tag zu Tag amüsanter. Wenn sie jemanden anrufen mussten: Oma las die Nummer vor, Opa hat gewählt. Oma sagte: Null. Opa drückte: Null. Oma sagte: Vier. Opa wählte: Vier. So konnte einige Zeit vergehen. Besonders, wenn sich Oma verlesen hatte. Oder Opa verwählt. Dann halt noch mal von vorn. Geschafft haben sie es jedes Mal.
Mürbe Apfelschlangerl
Das Rezept meiner Oma.
200 g Butter
100 g Zucker
2 Dotter
eventuell 1 – 2 EL Milch
700 – 1000 g Äpfel
Zucker, Zimt, Rosinen und Zitronensaft nach Geschmack
1 Ei zum Bestreichen
Staubzucker zum Bestreuen
1. Mehl mit Butter und Zucker verbröseln. Dotter und eventuell Milch dazugeben und zu einem glatten Teig verkneten. Den Teig ½ Stunde im Kühlschrank rasten lassen.
2. In der Zwischenzeit Äpfel schälen, vierteln, das Kerngehäuse entfernen und fein blättrig schneiden. Mit Zucker, Zimt Rosinen und Zitronensaft vermischen.
3. Den Teig rechteckig ausrollen und in der Mitte mit der Apfelfülle belegen. Ränder etwas zurechtschneiden und mit versprudeltem Ei bestreichen. Dann den Teig erst seitlich über die Fülle schlagen, dann die beiden Längsseiten. Das Gebäck soll gut verschlossen sein – seitlich und oben. Eventuell mit den abgeschnittenen Seitenrändern verzieren!
Das hübsche Toile de Jouy-Geschirr gehört übrigens zum Festtagsporzellan meiner Mutter. Ich hatte immer im Kopf, dass es ein großzügiges Hochzeitsgeschenk an meine Eltern war. Es gefällt mir schon, seit ich klein bin, ganz einfach, weil sich so viel drauf tut, fast wie in einem Bilderbuch.
Und dann stehen ja auch noch so Worte drauf wie „1828“, „Royal“ und „Staffordshire“…
HA!
Ich hab noch mal bei meiner Mama nachgefragt. Und erfahren, dass man es auf Punkte-/Prämienbasis sammeln konnte, bei Donauland, jener Buchmafia mit vertraglichem Kaufzwang, bei der vor gar nicht allzu langer Zeit einfach JEDER dabei war. J
Eine Liebesgeschichte, in vielerlei Hinsicht - wunderschoen!
AntwortenLöschenJa, Eline, die zwei waren einfach so zusammengeschweißt, unglaublich. Gibt es sowas heute überhaupt noch?
AntwortenLöschenich krieg' ja zuständ', wenn ich an den wählvorgang denke, aber wenn es für die zwei gepasst hat (und das hat es offenbar), dann ist alles gut. dein schlangerl klingt auch fein! meins ist ja ohne zucker im teig, das hat einen besonderen reiz, finde ich. (und das hat keine gesundheitlichen gründe, bitteschön ;-))
AntwortenLöschenDu schreibst immer schöne Geschichten, ich lese gern bei dir!! Meine Großeltern waren auch liebevoll miteinander, führten fast 50 Jahre eine harmonische Ehe und diese positive Grundstimmung in der Familie hat auch die nachfolgenden Generationen geprägt. Meine "Omama" sehe ich so wie du auch beim Apfelschälen, sie hat aber nie Schlangerl (obwohl aus OÖ gebürtig), sondern hauchdünne Strudel, für mich immer extra einen ohne Rosinen! lg, Friederike
AntwortenLöschenIch freu mich schon auf dein neues Buch Katha, in dem ja auch das Apfelschlangerl-Rezept nicht fehlt, oder?
AntwortenLöschenDanke, Friederike :-) Der Strudelteig muss ja so dünn sein, dass man die Zeitung durchlesen kann, gell?
Deine Beiträge sind wirklich immer auch tolle Geschichten, die für mich einfach vom Leben erzählen- und das mag ich so!
AntwortenLöschenMit dem heutigen Beitrag habe ich mich erinnert, dass ich mir auch vor kurzem von meiner Oma noch das Apfelschlangerl-Rezept erbettelt habe- ganz anders als deines. Das ist das Schöne am Kochen, oder? Diese unendlichen Möglichkeiten!
Ganz liebe Grüße!
mit so einer wunderschönen geschichte hast du mich immer sofort ;-)... ich hab noch gravensteiner, da werd ich bald apfelschlangerl draus machen, aber ich reib die äpfel dafür immer.
AntwortenLöschenStellst du dein Apfelschlangerl-Rezept auch mal online, Himbeerschoko? Ebenfalls ganz liebe Grüße zurück!
AntwortenLöschenEcht, mit geriebenen Äpfeln, Ellja? So kenn ichs gar nicht... Aber auch interessant :-)
kennt ihr die apfelschlangerl auch mit kartoffelpüree, das hat meine oma immer gemacht... sie war aus dem mühlviertel... kann allerdings nichts finden im inet ob das typisch mühlviertlerisch ist oder ob sich das meine oma ausgedacht hat ;)... schmeckt aber superlecker
AntwortenLöschenHm, das interessiert mich Alexena! Das kannte ich nämlich nicht. War das dann ein Hauptgericht? Und warens auch wirklich so süße Apfelschlangerl?
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