Die besten Geschichten sind oft die, die das Leben schreibt: Während einer Bahnfahrt durfte ich neulich zwei jungen Damen lauschen, die, so hörte ich aus dem Gespräch heraus, vorhatten, am Abend einen Kuchen zu backen. Ein Auszug:
„Nein, lieber Dinkelmehl, das ist gesünder“, meinte die andere.
„Aber ist das nicht das mit den schwarzen Punkten?“
„Ja, schon“, so die Antwort, „aber es hat mehr Vollwert. Und weniger Kalorien.“
Ich musste kurz in meinen Ärmel prusten.
„Glaub ich halt“, kam gleich darauf ein Nachsatz.
Möglicherweise war ich ein wenig zu laut. Aber egal, das Kalorienargument hat gewirkt, Dinkelmehl also.
„Ach ja, und Nüsse brauchen wir auch. Gibt’s die nicht auch zerbröselt?“, fragte wieder die eine, worauf die andere in schallendes Gelächter ausbrach.
„Oida, zerbröselt, haha, gerieben heißt das, ge-rie-ben, hahaha! Hast du überhaupt ein Rezept?“
„Äh … nein …“
„Dann kann ich dir gleich sagen, dass der Kuchen grindig wird. Der wird grindig ohne Rezept.“
Also am liebsten wäre ich aufgestanden, hätte die beiden Teenies an ihren Ohren hochgezogen und ihnen erklärt, wie das mit dem Kuchenbacken so läuft, dass sie sich mit ziemlicher Sicherheit selbst überschätzen was ihre Kompetenz betrifft, ohne fremde Hilfe einen Kuchen aufs Blech zu bringen und dass mir dieses „Oida“ schon lange sehr extrem auf die Nerven geht. Aber das hab ich natürlich nicht getan. Denn erstens hat ja nicht jeder das Glück, schon als Kind in Teigschüsseln rühren zu dürfen. Und zweitens passiert es auch mir immer wieder, dass sich die Grenzen meiner küchentechnischen Leistungsfähigkeit diffus verwischen. Man könnte auch sagen: Manchmal bin ich eine Träumerin.
Vor kurzem träumte ich, ich würde ein ganzes Kilo leuchtend roter Hagebutten eigenhändig halbieren, die Kernchen auskratzen, die vielen feinen Härchen entfernen und diese wundervollen Früchte zu einer feinen Marmelade einkochen. Naja, da hab ich mich ordentlich verträumt, die Rechnung habe ich ohne das Männlein im Walde gemacht. Das Ganze ist nämlich verflixt viel Arbeit. In meiner Not (oder besser gesagt: Fitzelunlust) habe ich dann versucht, einfach die halbierten Früchte weich zu kochen und zu passieren, aber: Forget it. Kein Passiersieb der Welt kann das schaffen. Trotzdem, die Sache hat auch was Gutes: Beim Versuch, die Hagebutten zu passieren, habe ich wieder geträumt – von Hagebuttenketchup, Hagebutten-Orangen-Joghurt, mmh ... Schon interessant: Noch während mir bewusst wird, dass ich mich mit den Hagebutten übermacht habe, übermache ich mich schon präventiv – fürs nächste Jahr, möglicherweise.
Schlussendlich habe ich die verbliebenen Hagebutten kandiert – da hält sich der Aufwand glücklicherweise in Grenzen. Und das Ergebnis ist … ein Traum.
Kandierte Hagebutten
(aus: „So schmecken Wildpflanzen“ von Meinrad Neunkirchner und Katharina Seiser, erschienen im loewenzahn Verlag)
Zutaten für etwa 2 Handvoll
¼ l Wasser
1. Wasser und Zucker aufkochen und etwa 8 Minuten kochen lassen.
2. Hagebutten in den Sirup geben, einmal gut aufkochen. Herausnehmen und auf ein Blech mit Backpapier legen.
3. Bei Zimmertemperatur offen etwa 1 Woche trocknen lassen.
4. Aufbewahren: In gut verschließbaren Dosen zwischen Backpapier geschichtet, damit sie nicht zusammenkleben – so sind sie etwa 3 – 4 Monate haltbar.
Die kandierten Hagebuttenfrüchte habe ich dann folgendermaßen „veredelt“:
Hagebuttenkrapferl mit Haselnüssen
(ebenfalls aus: „So schmecken Wildpflanzen“ von Meinrad Neunkirchner und Katharina Seiser, erschienen im loewenzahn Verlag)
Zutaten für etwa 40 Stück
Salz
1 EL Vanillezucker
2 Dotter
Hagelzucker
Hagebuttenmarmelade (leider nicht selbst gemacht, ich hatte es ganz fest vor, aber naja – dafür dann gekauft in der Schlemmerei, Bio-Hagebutten-Marmelade vom Lukashof, bestehend aus Hagebuttenmark, Rohrohr- und Vanillezucker, Apfel- und Orangensaft und Orangenschale – einer der wunderbarsten Geschmäcker der letzten Zeit)
Kandierte Hagebutten
1. Für den Teig alle Zutaten rasch zu einem glatten Teig verkneten. In Klarsichtfolie wickeln und 1 Stunde im Kühlschrank rasten lassen.
2. Teig vierteln, zu fingerdicken Rollen formen und in etwa 2 cm breite Stücke schneiden.
3. Daraus Kugeln formen und eine Seite in Hagelzucker tauchen.
5. Bei 190 °C etwa 20 Minuten backen (bei mir hat die angegebene Backzeit von 6 – 7 Minuten nicht wirklich gereicht). Kekse überkühlen lassen.
6. Hagebuttenmarmelade in die Vertiefung der Krapferl füllen und mit kandierten Hagebutten garnieren.
Und damit die ganz zu Beginn angekündigte Tea Time ihrem Namen auch gerecht wird, empfehle ich:
Kernlestee
Die Kernchen der Hagebutten sind etwas ganz Besonderes. Sie enthalten Vanillin, was einen Tee daraus einfach bezaubernd macht. Das Aroma kommt jedoch nur dann so richtig heraus, wenn die Kerne zuvor kalt angesetzt werden!
2 EL Hagebuttenkernchen (vom Auskratzen der Früchte)
½ l kaltes Wasser
Honig nach Bedarf
1. Steinchen gründlich waschen, damit die Härchen entfernt werden, dann auf ein Tablett legen und trocknen lassen oder auch gleich verwenden.
2. Für den Tee 2 EL Kernchen über Nacht in ½ l kaltem Wasser ansetzen.
3. Am nächsten Tag dann 5 – 10 Minuten kochen lassen.
4. Abgießen und nach Bedarf süßen.
Die Einladung zur Tea Time könnte übrigens so aussehen. Wirklich allerliebst, finde ich.
An dieser Stelle klinke ich mich für einige Tage aus.
Bis bald, angenehme Nachmittagsstunden mit Tee und Gebäck und überhaupt: Eine schöne Zeit!
Also so kenn ich Hagebutt en gar nicht, super Idee mit dem kandieren und dass man die Kerne auch verwenden kann, das werd ich ausprobieren.
AntwortenLöschenIch hab vor 2 Jahren halbiert und ausgekratzt und halbiert und... endlos. Letztes Jahr dann entnervt weichgekocht und Flotte Lotte. Mit der schönen neuen keine Chance, wie du schreibst. Dann hat meine Schwiegermutter die alte, verrostete wieder ausgegraben, irgendwo verstaubt. Hat super funktioniert, seitdem ist die Lotte wieder in meiner Küche eingezogen und darf auch sonst alles mögliche 'durchmatschen'. Und heuer wird wieder Marmelade gemacht, wenns das erste mal gefroren hat! Halbiert wird nur mehr für den Tee... oder zum kandieren.
Ich glaube, es ist einfach noch ein bisserl zu früh für Hagebuttenmarmelade. Hagebutten sollen spät nach mehrtägigem Frost geerntet werden, wie bei Schlehen und Vogelbeeren. Zumindest hat das die Oma immer behauptet. Das hilft angeblich beim Entkernen bzw. kann man sie dann mitsamt den Kernen durch die Flotte Lotte drehen. Nur ist das immer ein Wettrennen mit den Vögeln. Meine Schlehen sind schon leer geräumt. In den letzten Jahren war das mit der Wildbeerenernte überhaupt schwierig, weil der Frost immer so spät gekommen ist. Da waren sie dann schon hinüber. Drum kann man sie auch jetzt ernten und in die Gefriertruhe geben. Ist aber nicht ganz das gleiche, geschmacklich. Aber so oder so ist es eine Heidenarbeit. Da hast Du recht. Und Deine Hagebuttenkrapferl würden mir auch gefallen.
AntwortenLöschenLieben Gruß von Frau Ziii
Dann haben wir ja ähnliches durchlitten, Kärntnerin ;-) Auf so eine alte, verstaubte Flotto Lotte kann ich leider nicht zurückgreifen ...
AntwortenLöschenFür Marmelade ist es sicher gut, später zu ernten, Frau Ziii. Aber wie du selbst schreibst - oft sind dann keine mehr übrig. Für die kandierten Hagebutten ist es aber wahrscheinlich sogar besser, wenn sie noch nicht ganz so reif sind, dann halten sie mehr aus - der Zuckersirup ist ja schon ziemlich heiß. Bei den Schlehen und Vogelbeeren kenn ich das Frosten bzw. Einfrieren auch, allerdings ist es da ja eher das Thema, dass sie danach nicht mehr so pelzig bzw. bitter sind, oder?
Also wenn bei der Frau Zii und dem Mädel vom Land nach dem ersten Frost keine mehr übrig sind, dann sollten die 2 einmal das Weinviertel besuchen... wir haben einen Strauch neben dem anderen. Wir haben sogar schon Hetschal-Schnaps gebrannt und dafür braucht man wirklich Massen!
LöschenFür den Tee besorg ich sie mir auch vor dem ersten Frost. Dann lassen sie sich besser schneiden u trocknen. Danach werden sie schön weich und man kann sie sogar roh 'auszuzeln'. Mach ich immer zwischendurch beim ernten!
Was für eine schöne Idee, kandierte Hagebutten ... toll ;)
AntwortenLöschenDiese Woche will ich wieder auf die Ernte gehen, aber es regnet wie aus Wachkübeln, na ja die laufen ja nicht weg ;)
Hab letztens eine Wein-Hagebuttenmarmelade gekocht, ach st die so lecker, kann garnicht genug davon bekommen, aber dein Idee gefällt mir besonders gut für meine Weihnachtsplätzchen oder im Müsli. Die Idee mit dem Tee probier ich mal aus.
Liebe Grüße Kerstin
Kandierte Hagebutten- schön!
AntwortenLöschenMir ist das Dilemma nicht ganz klar: du hast schon entkernt und enthaart, die Fitzelarbeit hattest du ja schon hinter dir. Warum nicht die Marmelade kochen, in einem starken Mixer pürieren und durch ein Sieb streichen? Das müsste doch gehen.
Ahhh, Hetscherln! Alle paar Jahre kriege ich auch einen Rappel und denke, das muss ich doch hinkriegen, aus denen was Brauchbares zu machen. Dann steh ich nach 1 Stunde pflücken und 4 Stunden entkernen und pürieren und hab 1 Stamperl Mus.
AntwortenLöschenWas ich aber immer mache, ist Hetscherl trocknen für den Hund. Einfach so, wie man sie pflückt, ab in den Dörrapparat. Danach im Zerkleinerer samt Kernen und allem Pipapo häckseln. Davon in der kalten Jahreszeit zwei oder drei Mal pro Woche ein Löfferl ins Futter. Ist gesund und die Kernchen machen dem Hund gar nichts.
Ein rundherum schöner Beitrag. Mir gefällt die Geschichte am Anfang sehr gut :-), solche könnt ich dir auch ein paar erzählen ...
AntwortenLöschenDas Kandieren klingt sehr interessant, ich geh mal Sträucher suchen!
Hast du schon geerntet, Kerstin?
AntwortenLöschenNaja, Eline, entkernt und enthaart schon... Aber eben nur ein paar, gerade soviel, damit sich das Kandieren auszahlt - und vom Rest hab ich dann eben so ein unpassierbares Hagebuttenmus fabriziert ;-)
Danke, Turbohausfrau! Für die Hetscherln! Und für den Nahrungsergänzungshinweis für den Hund :-) Ich glaube, der leidet eh grad ein wenig... Hab ihn auf Biofutter umgestellt und das schmeckt ihm gar nicht so recht. Vielleicht wirds mit diesen "Gutsis" wieder gut :-)
Ich freu mich auf deine solche Geschichten, Küchenschabe! :-)
Habe das Buch auch, aber hatte die Hagebuttenrezepte darin völlig vergessen. Danke für die inspirierende und lecker anzuschauende Erinnerung! Da muss ich mal schauen gehen, was die Hagebuttenbüsche der Umgebung noch hergeben...
AntwortenLöschenWarst du schon schauen, multikulinaria? Ich hab bei meinen Spaziergängen jetzt auch noch eine ganze Reihe von Hagebuttensträuchern entdeckt - vollbehängt! Vielleicht kann ich mich auch noch mal aufraffen zum Hagebuttenauskratzen ;-)
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