Ich sitze hier und
esse Kuchen. Trinke Tee. Teebeuteltee. Am Etikett des Teebeuteltees lese ich Reinige deine Gedanken. Na gut.
Katha hat mit ihrem veganen Selbstversuch so manche Lawine losgetreten:
Die Kommentare zu den
Tagebucheinträgen sind zahlreich, vielfältig, spannend und inspirierend. Es
wird auf hohem Niveau diskutiert. Das liebe ich. Meine Favoriten:
Meine Einschätzung ist, dass man sich auf neue und andere, eben ungewohnte
Geschmacksrichtungen einlassen MUSS, will man genussvoll vegan essen, denn ein
Stück Tofu ist ein Stück Tofu und kein Stück Schwein (um beim Beispiel zu
bleiben).
Verabschiedet man sich also von dem Gedanken eine vegane “Spaghetti
Bolognese” schmecke wie das Original, dann kann man beide Gerichte als
eigenständig und gleichberechtigt nebeneinander bestehen lassen. (dorothy_jane)
still, leise und klammheimlich hat mich kathas
tapferer schritt zum selbstversuch (wir sind ja alle gegen tierversuche!)
übrigens dazu gebracht wieder einmal das fleisch wegzulassen aus dem
speiseplan, und wissensiewas? wenn man das aus spass an der freud’ macht, dann
geht das ganz gut. (kelef)
Ich ernähre mich nicht vegan, aber sinnvoll. (Lydia)
Wenn vegane Lebensweise die Welt ändern soll, muss sie
radikal, ökologisch, regional und avantgardistisch sein. Das erfordert völlig
andere Ernährungsgewohnheiten, die die wenigsten Menschen in westlichen
Wohlstandsregionen übernehmen möchten. (Eline)
Ich esse seit fast 30 Jahren kein Fleisch
mehr – die Anzahl der von mir verwendeten Lebensmittel hat sich seitdem gefühlt
verhundertfacht. (Antje Radcke)
Es gibt nicht nur militante/radikale/quasireligiöse 150%ler, die allen
anderen das Essen vermiesen – aber offenbar scheinen ein paar wenige
auszureichen, das Bild vom “Veganismus” zu prägen. (Claudia/unverbissenvegetarisch)
vegan ist ein kind des überflusses. (Angelika)
Lebensmittel sind im Überfluss vorhanden
aber die Selbsteinschränkungen beim Essen und Geniessen sind immer mehr auf dem
Vormarsch, ob es sich dabei um vegan essen handelt oder um die zahlreichen
echten oder gefühlten Intoleranzen. (Beate)
* In anderen Blogs
Es wird erzählt,
angeregt, Stellung bezogen. Zum Beispiel hier, hier, hier und hier. Mit dem
Lesen komm ich kaum nach.
* In meiner Küche
Angeregt durch die
Präsenz des Themas hab ich meine Kochbücher durchforstet und ein bisserl vegan
gekocht und gebacken. Darum esse ich ja jetzt auch Kuchen. Veganen Kuchen. Das
Rezept dazu gibt‘s später.
* In meinem Kopf
Die Erkenntnisse, die
ich aus diesen Diskussionen und meinen bisherigen (zugegebenermaßen sehr
spärlichen) veganen Erfahrungen ziehen kann, sind:
Vegan essen heißt,
Einkaufen, Kochen und Genießen von Grund auf neu zu lernen, weil es mit unserer
omnivoren Esskultur nicht sehr viel gemeinsam hat. Es entspricht nicht unseren
kulinarischen Traditionen und spart Lebensmittel aus, die dafür ganz wesentlich
sind. Das muss man erst einmal umsetzen und dann auch aushalten können.
Wir essen nicht das, was wir mögen, sondern wir mögen
das, was wir essen. Ein Zitat
der Ernährungswissenschafterin Hanni Rützler, und es stimmt: Essen ist
Gewohnheit. Ein Gedankenexperiment: Was, wenn es für uns ganz normal wäre,
vegan zu essen? Wenn sich über die letzten Jahrhunderte keine carnivore,
sondern eine vegane Esskultur bei uns entwickelt hätte? Und wenn jetzt eine
kleine Gruppe Individualisten käme und beginnen würde, Fleisch zu essen und
Milch zu trinken? Wäre das für uns genauso befremdlich wie umgekehrt?
Was ist besser, für
uns, für die Natur, für die ganze Welt? Der gänzliche Verzicht auf tierische
Produkte? Oder die bewusste Stärkung nachhaltiger und regionaler bäuerlicher
Strukturen?
Fast-vegetarisch mit
veganen Tendenzen, so würde ich meine derzeitigen Essgewohnheiten beschreiben.
Also im Grunde genommen weder Fisch noch Fleisch noch Ei noch Gemüse. Ist das
ok? Ich finde ja. (Hier fallen mir die thirtysomethings
ein und wie sie definiert werden: Thirtysomethings
sind Menschen, die wissen, dass sie etwas werden wollen, bevor sie wissen, was
sie werden wollen. Umgemünzt auf meine kulinarische Identität hieße das: Ich
weiß, dass ich mich gut ernähren will, bevor ich weiß, wie diese gute Ernährung
ganz konkret aussehen soll. Naja, ein paar Jahre habe ich noch Zeit).
Vegan ist für mich keine Option, aber ein Thema. Dieser Satz stammt von Claudio und er trifft
die Sache auf den Punkt. 100 % vegan, alles oder nichts, das funktioniert bei
mir nicht. Wenn ich auf eine Sache verzichten soll, dann steigt mein Verlangen
danach. Das trifft auf so gut wie alles in meinem Leben zu, aufs Essen ganz
besonders. Ich glaube sowieso, dass es einfacher ist, sich vegan zu ernähren,
wenn man sich nicht als Veganer deklariert. Da bleibt dann dieses eine, rein
psychologische Hintertürchen, das die Sache angenehmer und einfacher macht.
Ich finde das Selbermachen
von Pflanzenmilch und Seitan, das phantasievolle Verkochen von Tofu, Grünkern
und Nüssen und die Vielfalt an Hülsenfruchtsalaten und veganen Brotaufstrichen interessant.
Vegane Fertiggerichte
und Ersatzprodukte finde ich schwierig, weil ich bisher noch nichts gefunden
habe, was mir schmeckt.
Es ist nicht fair, den veganen Marmorguglhupf,
den ich hier esse, mit dem meiner Oma (mit Eiern, Milch und viel Butter) zu
vergleichen. Selbst wenn der vegane für sich genommen super schmeckt (und das
tut er wirklich), kann er dem gewohnten niemals das Wasser reichen. Das Rezept
meiner Oma hüte ich wie einen Schatz und einen Kuchen nach diesem Rezept
gebacken liebe ich alleine schon deshalb so sehr, weil er mich an sie erinnert.
An sie und an den Opa und an die wunderbaren Nachmittage mit Himbeerkracherl
und ebendiesem Guglhupf (sogar mit weißem Mehl gebacken, für uns Vollkornkinder
- Mama, danke dafür, ehrlich! – ein ganz besonderer Genuss). Deshalb ist ein
Vergleich schwierig bis nicht möglich, und wer es versucht, wird gegen die
Kraft von Gewohnheit und Emotion nicht bestehen.
Veganer Marmorguglhupf
Für meinen zweiten Veganmarmorguglhupfversuch (der
erste ist völlig misslungen, Rezept aus dem Buch „Wir kochen vegan“, die
Kuchenmasse hatte nach dem Backen keinerlei Halt und bröselte regelrecht aus
der Form heraus) habe ich mir bewusst ein Rezept mit Öl statt Margarine
ausgesucht. Es war eine gute Entscheidung, der Kuchen schmeckt wirklich gut. Was mich aber stört ist, dass die helle Kuchenmasse beim Backen nicht
richtig bräunt und sehr hell bleibt (ist das immer so?). Der Kuchen ist relativ
wenig süß, wer also eher auf der zuckrigen Seite zuhause ist, nimmt etwas mehr
davon.
Zutaten für eine kleine
Guglhupf-Form (für eine normale nimmt man die doppelte Menge)
150 g Mehl
10 g Stärkemehl
1 TL Backpulver
1 Prise Salz
50 g Zucker
1 EL Vanillezucker
1 TL Zitronenzucker
(Zucker mit Zitronenschale vermischt)
100 ml Mineralwasser
30 ml Hafermilch
50 ml Öl
20 g Kakaopulver
20 ml Pflanzenmilch
1 EL Zucker
1. Die Guglhupf-Form
ausfetten (mit Öl oder Margarine) und bemehlen, Backrohr auf 180 °C vorheizen.
2. Mehl mit
Stärkemehl, Backpulver, Salz, Zucker, Vanille- und Zitronenzucker vermischen.
3. Mineralwasser,
Pflanzenmilch und Öl dazugeben und nur so lange unterrühren, bis die Masse
beginnt, homogen auszusehen.
4. Zwei Drittel der
Teigmasse in die vorbereitete Form füllen.
5. Kakaopulver mit
Pflanzenmilch und Zucker verrühren und unter das verbleibende Teigdrittel
rühren. Den dunklen Teig auf den hellen Teig in die Form füllen.
6. Mit einer Gabel
spiralförmig durch den Teig ziehen.
7. Den Kuchen etwa 40
°C backen (ein großer Guglhupf braucht sicher 10 Minuten länger), etwa 10
Minuten in der Form überkühlen lassen und dann auf ein Kuchengitter stürzen.
Vollständig auskühlen lassen.
8. Mit Staubzucker
bestreuen oder mit einer veganen Schokoladenglasur überziehen.
Rezeptidee
von hier.
Meiner Erfahrung nach bräunen vegane Kuchen mit einem Ölanteil schlechter, als solche die mit Margarine gebacken wurden. Was auch gewisse Vorteile mit sich bringt. In meinem einfachen Gasbackofen wurde Gebäck mit einem hohen Butteranteil oft schnell zu dunkel, Ölkuchen hingegen blieb hell und wunderbar saftig.
AntwortenLöschenHm, danke für deinen Input! So eine helle Farbe ist halt einfach ungewöhnlich, wenn man es nur anders kennt... Gut war er ja :-)
LöschenHeut gabs auch bei mir meinen ersten veganen Rührküchen. Nicht aus Überzeugung, sondern aus Neugier wie es denn geht.
AntwortenLöschenDas Resultat wurde skeptisch von meinem Liebsten beäugt, aber während ich hier sitze und schreibe, wird schon das zweite Stück vernichtet ;-)
Für mich ist er ok, allerdings nicht der Hammer.
Damit er saftig bleibt hab ich eine Karotte reingerieben.
Schmeckt man nicht, aber so hält er hoffentlich zwei Tage die Feuchtigkeit. Wenn ja, kannst Du ihn am Dienstag kosten :-)
Lieben Gruß
Martina
Freu mich über deinen Kommentar, Martina! Mittlerweile weiß ich ja, dass er am Dienstag nicht mehr gut genug war (aus deiner Sicht) und ich ihn daher nicht mehr kosten "durfte". Schade! Vielleicht gibt's ja eine Wiederholung? ;-)
Löschenliebes mädel vom land, immer wieder sehr interessant und inspirierend, deine ansichten und gedanken zu lesen. und auch die zusammenfassung deiner highlights vom veganen selbstversuch von katharina seiser! lg irmi e.
AntwortenLöschenLiebe Irmi, ich freu mich immer sehr über deine Kommentare, danke!
Löschendanke! und wegen dir, aber nur wegen dir, überlege ich tatsächlich, nochmal einen veganisierten kuchen (denn das ist ein veganer gugelhupf in jedem fall) zu backen. hätte ich auch nicht gedacht.
AntwortenLöschendas interessante ist ja, dass ich auch immer gesagt habe, ich möchte nie vegan leben müssen, finde es aber sehr wichtig, darüber nachzudenken. bisher glaubte ich, ich wäre damit alleine, dass es nur entweder omnivor (mit schwerer vegan-abneigung) oder umgekehrt gibt. aber wir sind offenbar sehr viele mehr.
deshalb auch am freitag, wie angekündigt, noch eine idee dazu, um das weiterzuspinnen.
Hui, da fühl ich mich aber geehrt ;-) Und freu mich schon auf das, was daraus wird...
LöschenDie Vegan-Hürde ist eine sehr große, finde ich. Aber nachdenken drüber tun schon sehr viele, das glaub ich auch. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf deine Freitags-"Verkündung". Vielleicht rufst du ein kollektives Sammeln von Sowieso-vegan-Rezepten aus?
bin gerade zufällig (nicht ganz, bereite mich gerade auf eine kochbuch-lesung vor und nehme dazu ein paar meiner tagebucheinträge vom veganen selbstversuch dazu) wieder hier gelandet, gut 1,5 jahre nach dieser konversation. und muss sagen: ich bewundere deine spürnase. denn darauf hatte ich damals natürlich nicht geantwortet, weil's ja meine buchidee (von tag 2) war, und ich eigentlich den tierfreitag gemeint hatte - was du ja nicht wissen konntest. kollektives sammeln hat gestimmt, sowieso-vegan auch, aber unbhängig davon, weil erst ein jahr später in buchform. sehr schön.
LöschenDas ist wirklich interessant, im Nachhinein betrachtet ... Ich hatte meinen "Verdacht" gar nicht mehr so richtig im Kopf und dass er ganz zutreffend war - darauf hast du mich hier jetzt wieder gestoßen :-) Schön, find ich auch! Liebe Grüße!
LöschenMir gefällt dein Beitrag sehr (auch wenn ich gar kein Kuchen-/Süßkramesser bin). Ich koche sehr gerne mal vegan, hatte leider aber auch schon einige wirklich unschöne Begegnung mit den 150%igen. Deine zusammengestellten Zitate treffen einige meiner Gedanken auf den Punkt. Danke dafür!
AntwortenLöschenIch danke dir, Chrissie, fürs Lesen und Gedanken einbringen!
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