Volker Mehl ist
ein witziger Kerl. Eigentlich hätte er ja vorgehabt, so schreibt er im Vorwort
seines neuen Buches Meine
Ayurveda-Familienküche, ein erotisches Ayurveda-Kochbuch im Stil von Helmut
Newton zu machen. Die Hürde von der Erotik zum Breikochen sei dann aber doch nicht so unüberwindbar gewesen wie
zunächst vermutet. Gottseidank. Denn heraus gekommen ist ein schönes
Familienkochbuch, das die ayurvedische Ess- und Kochtradition im Hintergrund
hat, aber ganz ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Man könne sich direkt und
guten Gewissens vom Quatsch eines Alles-oder-nichts-Ayurveda
verabschieden, meint Volker Mehl, denn das wahre und reine Ayurveda gebe es
nicht. Wichtig sei: Regelmäßig, warm und leicht verdaulich, darüber hinaus
solle man einfach entspannt bleiben. Das klingt doch ganz gut, finde ich.
Meine Ayurveda-Familienküche startet mit einigen ayurvedischen
Grundbegriffen gefolgt von den Kapiteln Wie
man Kindern Appetit macht, ADHS &
Ayurveda, Die sechs Geschmäcke, Was warmes Essen mit guter Ausstrahlung zu
tun hat sowie Informationen über Ghee (geklärtes Butterfett) und die
klassischen Gewürze, die in der ayurvedischen Küche Verwendung finden. Alles in
einem Stil geschrieben, der rockt.
Ja, tatsächlich lesen sich diese knapp 40 Seiten spannend und kurzweilig, die
Erklärungen sind nachvollziehbar und machen durchaus Sinn. Die wichtigste
Grundregel, um den Kleinen einen guten und gesunden Zugang zum Essen zu
vermitteln sei, selbst gut zu essen, so der Autor, und dem kann ich uneingeschränkt
zustimmen.
Das Buch ist im
klassischen Stil des TRIAS Verlags aufgemacht und mit sehr witzigen und
liebevoll gemachten Illustrationen versehen. Nicht jedes Rezept ist bebildert.
Die Fotos selbst laden auf jeden Fall zum Nachkochen ein und wirken authentisch.
Jedes Rezept ist mit Angaben zum Zeitaufwand und zur Personenanzahl
ausgestattet. Das Buch ist in folgende Rezeptkapitel eingeteilt:
- Satt und glücklich in den Tag
- Magische Suppen
- Warme Hauptmahlzeiten für alle zusammen
- Süßes Seelenfutter
- Handliches für Unterwegs
- Leckerer Spezialspaß für die Kleinen
- Romantikdinner für die Großen
- Flüssige Freuden
Zum Schluss folgen
Rezept- und Zutatenregister sowie ein kurzes Stichwortverzeichnis.
Volker Mehl kombiniert
ayurvedische Kochtraditionen mit heimischer Hausmannskost und geht mit großer
Kreativität an seine Rezepturen heran. Manchmal schießt er dabei allerdings
übers Ziel hinaus: Gibt es tatsächlich Kinder, die sich über Wirsing-Rotkohl-Gemüse mit Zimt freuen?
Oder über eines der vielen Chutney-Rezepte? Hm. Und warum der Autor durchgehend
Sojasahne statt normalem Schlagobers verwendet, bei Milch und Butter aber auf
die tierischen Varianten setzt, erschließt sich mir auch nicht ganz. Gefreut
habe ich mich hingegen sehr über die beiden Wildkräutersalat-Rezepte.
Volker Mehl hat
selbst keine Kinder, dennoch fühle er sich bemächtigt, ein Familienkochbuch zu
schreiben, denn: Jeder ist Teil einer Familie, natürlich auch er. Ja, stimmt
schon, grundsätzlich. Bei Tipps wie „Wenn
die Kids nach Gummibärchen verlangen … Überraschen Sie sie mit diesem
Fladenbrot und frischen Gemüsesticks. Die Gummibärchen sind garantiert ganz
schnell vergessen!“ muss ich dann aber doch ein wenig schmunzeln. Und würde
Herrn Mehl raten, zumindest das Wörtchen garantiert
wegzulassen (das übrigens öfter vorkommt).
Nachgekocht
Die Mangoldtaler mit Vanillekarotten haben
mich angelacht. Mangold und Karotten waren daheim, die anderen Zutaten großteils
auch. Die getrockneten Tomaten habe ich weggelassen, ebenso den frischen
Basilikum. Das Rezept hat gut funktioniert, wobei die Anleitung nicht zu 100 %
schlüssig geschrieben ist (dass die gehackten Cashewkerne in die Laibchenmasse
kommen, musste ich mir zusammenreimen). Die Karotten sind umwerfend gewürzt,
die Kombination aus Vanille, Orangensaft, Chili, Kreuzkümmel, Salz und
Ahornsirup ist sehr gelungen. Alles in allem ein tolles Rezept, die
getrockneten Tomaten und die frischen Kräuter wären dabei, im Nachhinein
betrachtet, sicher noch das i-Tüpferl gewesen.
To Cook-Liste
- Herzhafter Grießbrei
- Schoko-Mohn-Brötchen
- Buchweizen-Kürbis-Risotto mit Wildkräutersalat
- Gebackener Brokkoli mit Selleriecreme
- Kartoffelkuchen mit Kräuterdip
- Große Apfel-Mandel-Tarte
- Roter Bohnenaufstrich
- Sesam-Mohn-Sticks
- Vollkorn-Ciabatta
- Ciabatta Speziale
- Tomaten-Oliven-Scones mit Pesto
- Schatzsucherbrötchen (in einem der Brötchen ist eine Mandel versteckt)
- Kartoffelecken aus dem Ofen, dazu vegane Mayonnaise und selbst gemachtes Tomatenketchup
- Gemüse-Glückstaler
- Milchpudding mit Rosenwasser
Sondertipp
Wie ich Gemüse in mein Kind kriege? Ich
frage nicht. Frage nicht, was es essen will (weil Antwort: Palatschinken).
Frage auch nicht, ob es dies oder jenes essen will (weil Antwort: Nein). Koche
das, was ich nach meinen Maßstäben für gesund und richtig halte und setze es
ihm vor. Sicher: Nicht nur einmal hat das Minimädel in der Folge nichts
gegessen. Aber gekostet zumindest und das halte ich für das Wichtigste.
Fazit: Je öfter ich mich durch Meine
Ayurveda-Familienküche blättere, desto besser finde ich es. Über manche
Rezepte und Alltagstipps ließe sich streiten, aber im Großen und Ganzen ist dem
Autor ein gangbarer Weg zu einer soliden und genussorientierten Küche für die
ganze Familie gelungen.
P.S.: Volker Mehl
konnte übrigens nicht ganz von seinem ursprünglich angepeilten Thema lassen. Da
liest man nämlich plötzlich von Sauberem
Sex unterm Sternenhimmel und den Unterschied, den es macht, ob ein Kind mit
Liebe und Hingabe gezeugt oder eben nur
gemacht wird. Hm, ja, das ist wohl auch eine Überlegung wert …
Meine Ayurveda-Familienküche: Gemeinsam isst man
glücklicher
von Volker Mehl
Gebundene Ausgabe,
188 Seiten
TRIAS Verlag, 1.
Auflage 2014
ISBN:
978-3830469056
Preis: € 19,99
Dank an den TRIAS Verlag, der mir ein Rezensionsexemplar
zur Verfügung gestellt hat.
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