Mitten im
Vollwertkost-Zeitalter der 1980er- und 1990er-Jahre aßen wir, dem Wunsch meiner
Eltern folgend, uns Kinder und sich selbst gesund und besser zu ernähren, Vollkorn. Selbst gebackenes Vollkornbrot,
Vollkornkuchen, Vollkornpalatschinken. Das Mehl dafür natürlich selbst und
frisch gemahlen. Aus meiner heutigen Sicht einfach nur großartig, aber ach, wie
sehr habe ich mich damals nach dem ganz normalen Schwarzbrot vom Bäcker
gesehnt. Wie groß war jedes Mal die Freude über den weißmehlgebackenen
Marmorguglhupf von der Oma, den wir Kinder hin und wieder genießen konnten,
zusammen mit dem außergewöhnlich guten Himbeerkracherl, das der Opa zu diesen
Anlässen aus dem Keller holte - ein kleines Glaserl davon für jeden von uns vier.
Motor solcher
Ernährungsverbesserungsversuche war wohl mein Vater, er war der
Kulinarik-Trendscout der Familie. Das ist er auch heute noch, keine essbare
Mode zieht ungetestet an ihm vorüber (Marmelade wurde vergangenes Jahr mit
Flohsamenschalen eingekocht, Kuchen mit Birkenzucker gesüßt, natürlich hat er Chiasamen
ausprobiert). So kam es auch, dass ich irgendwann in meiner Kindheit oder
frühen Jugend ein seltsames Etwas im Kühlschrank entdeckte. Weiße, unförmige
Kügelchen lagen da in einem Schraubglas unter milchig-trüber Flüssigkeit.
Heureka! Mein Papa hatte Kefir für sich entdeckt.
Jetzt bin ich ja
dem Papa seine Tochter und deshalb reizt es mich natürlich auch, mir meinen
Kefir selbst zu machen. Einzig die Sorge, meine Kinder könnten sich irgendwann
auch nach dem Essen da draußen
sehnen, hält mich (noch) davon ab. So wird er halt gekauft, im Becher, und den
verwende ich dann gleich zum Backen.
Kefirbecherkuchen mit Clementinen
Dieser Becherkuchen war der erste meines Lebens. Erkenntnis:
Becherkuchen-Backen ist eine lustige Spielart, schön auch für Kinder, aber in
Wahrheit trotzdem nichts für mich. Zum Backen gehört, so habe ich es
verinnerlicht, Grammgenauigkeit. Meine Küchenwaage ist deshalb immer
griffbereit. Trotzdem: Der Kuchen – sehr fein.
Zutaten für 1
Kastenform (30 cm)
1 Becher
Vollmilchkefir (180 g)
3 Eier
2 Becher Zucker
1 EL Vanillezucker
3 Becher Mehl
1 Packung
Backpulver
½ Becher
Clementinensaft
1 Becher Rapsöl
oder anderes neutrales Pflanzenöl
1. Backrohr auf
170 °C vorheizen und die Kastenform mit Backpapier auslegen.
2. Kefir in eine
kleine Schüssel geben, den Kefirbecher auswaschen und trocknen.
3. Die Eier in
eine Schüssel geben und schaumig aufschlagen. Zucker mit dem Becher abmessen
und gemeinsam mit Vanillezucker zum Eierschaum geben. Weiterschlagen, bis die
Masse dick und hell wird.
4. Mehl abmessen
und mit Backpulver vermischen.
5. Clementinen
auspressen und einen halben Becher abmessen. Clementinensaft gemeinsam mit dem
Öl und dem Kefir zur Masse geben und kurz unterrühren.
6. Mehl-Backpulver-Mischung
unterheben und den Teig in die vorbereitete Kastenform füllen.
7. Kuchen in etwa
50 Minuten goldgelb backen (Stäbchenprobe). Kurz überkühlen lassen, aus der
Form heben, das Backpapier entfernen und auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen
lassen.
P.S.: Der
Amerikaner Thomas Keller widmet dem Thema The
importance of weighing in seinem wundervollen und großformatigen Buch Bouchon Bakery eine Doppelseite und
fordert seine Leser auf: Throw out your
measuring cups! Er schließt mit den Worten:
Believe
us, getting on the scale wave will change your life.
Gaunz mei Red’…
Das Rezept ist notiert, auch wenn meine Kefirknollen sich schon vor Jahren verabschiedet haben, weil den hausgemachten Kefir keiner mochte. (Ausser dem Hund, der liebte das Zeug heiss und innig).
AntwortenLöschenHihi, das kann ich mir vorstellen, mein Hund würde ihn vermutlich auch liiiiiiiiieben (wie sowieso fast alles Essbare ;-))
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