Dieses Mal kommt
mein Fazit nicht zum Schluss, sondern gleich zu Beginn: Über Hedi Klingers Familienküche lass ich
nix kommen, es ist grandios, fabelhaft und sehr zu empfehlen. Warum? Ach, da
gibt es viele Gründe. Vielleicht ganz einfach der Reihe nach:
Wie alle Bücher
des Brandstätter Verlags punktet Hedi
Klingers Familienküche gleich einmal mit super Griff, schönem Papier und
matten, aber ausdrucksstarken Farben. So etwas liebe ich. Die Bilder lassen
Wirtshausatmosphäre aufkommen. Und die kleinen, eingestreuten Anekdoten um die
Familie Klinger und den Schriftsteller Thomas Bernhard habe ich verschlungen.
Überhaupt ein Pluspunkt: Das Wirtshaus Klinger steht in Gaspoltshofen und das
ist in Oberösterreich, meinem Heimatbundesland.
Die Rezepte
Sehr überzeugend.
Beim Schmökern ist es, als würde ich mich durch meine Kindheit blättern. Ich
kenne beinahe alle Gerichte und das liegt vermutlich wieder daran, dass die
Autoren (Mutter und Sohn) Oberösterreicher sind. Das sympathische Vorwort von
Hedi Klinger mag ich übrigens sehr: Mag
sein, mein Kochbuch dreht sich etwas zu sehr um Fleischgerichte, steht da
zu lesen, gemeinsam mit der Befürchtung, es könnte deshalb nicht zeitgemäß
sein. Und dann: Ich verstehe nicht, warum
viele Köche aus ihren Rezepten ein Geheimnis machen. Schließlich fielen die
Gerichte beim Nachkochen ohnehin bei jedem etwas anders aus. Wie recht sie hat!
Viele der Rezepte sind übrigens mit einem Weintipp von Willi Thomas Klinger ausgestattet.
Folgende Kapitel
finden sich im Buch:
- Jausen & Kalte Vorspeisen
- Suppen
- Hausmannskost
- Hauptspeisen
- Beilagen
- Mehlspeisen
- Grundrezepte
Bei den Rezepten
merkt man sofort, dass hier ein Profi am Werk ist. Jeder Zubereitungsschritt
ist genau beschrieben, viele Tipps (beim Apfelstrudel für mehr Geschmack die
Äpfel nicht schälen!) und Variationsmöglichkeiten werden aufgezählt. Das
Wichtigste aber: Hedi Klinger liebt offenbar, was sie tut. Da wird das Hendl
während des Bratens im Ofen ganze vier Mal gewendet. Der Topfenbutterteig darf
sehr, sehr lange rasten. Und überhaupt: Wenn die Knödel tanzen und das Fett
nicht mehr redet, dann passt’s.
Nachgekocht
Suppe, Hauptspeise und Mehlspeise hab ich aus dem
Buch nachgekocht – die ganz klassische Speisenfolge also.
Die Rahmsupp’n liebe ich seit meiner
Kindheit. Auch wir haben sie, wie es im Buch erwähnt wird, oft gemeinsam mit
einem gekochten Erdapfel gegessen. Interessant: Hedi Klinger verwendet eine
Mischung von saurem und süßem Rahm für die Suppe. Sie hat wunderbar geschmeckt,
allerdings ist mir der Sauerrahm ein klein wenig ausgeflockt.
Für die Hausruckviertler Grammelknödel habe ich
mir Weideschwein-Grammeln besorgt. Die Knödel sind ausgesprochen gut gelungen –
sowohl der Erdäpfelteig als auch die Fülle schmeckten sehr gut. Wir haben
grünen Salat dazu gegessen.
Der süße Abschluss
waren die Apfelmanderl, die mit
Topfenblätterteig (Hedi Klinger nennt ihn Topfen-Butterteig) zubereitet werden
– was für ein Genuss! Der splittrige, knusprige Teig in Verbindung mit den
weichen, karamelliserten Äpfeln hat mich mehr als überzeugt. Hier bin ich
allerdings mit den Mengenangaben für die Fülle nicht ganz zurecht gekommen (12
Äpfel ergeben nach meiner Rechnung 24 (und nicht 18) Apfelmanderl J - und auch die Menge an Zucker für die
Fülle kann nicht wirklich stimmen). Schön und stimmig finde ich übrigens die
Idee, die Teigenden mit einer Gewürznelke festzustecken.
To Cook-Liste
Schwierig,
schwierig … Da möchte ich so gut wie alles ausprobieren. In der nächsten Zeit
werden es vermutlich folgende Gerichte in meine Küche schaffen:
- Hedis cremiger Kochkäs
- Rindssuppe mit Butternockerl
- Spargelsamtsuppe
- Saure Erdäpfelsteckerl
- Spinatnocken mit Nussbutter
- Pikant-scharfes Lammgulasch
- Brathendl
- Die Original Klingertorte
- Hedi Klingers Apfelbunkerl
- Ausgezogener Apfelstrudel
- Erdäpfelsteckerl mit Zucker und Zimt
Fazit: Siehe oben. Und: Ich liebe dieses Buch.
Hedi Klingers Familienküche
von Willi Klinger
Gebundene Ausgabe,
208 Seiten
Brandstätter Verlag,
1. Auflage 2015
ISBN:
978-3850338882
Preis: € 29,90
Dank an den Brandstätter Verlag, der mir ein
Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
Nicht zeitgemäß? Ich finde ja eher, dass es heutzutage viel zu wenig gute Kochbücher gibt, das meiste ist doch Schmarrn. Danke für die Rezension. :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Eva
Ich mag diese Art von Bescheidenheit, die Hedi Klinger an den Tag legt ... Heutzutage sind wirklich viele Kochbücher Schmarrn, weil einfach schlecht gemacht. Aber es gibt auch andere :-) Liebe Grüße!
LöschenDieses Buch hätte ich ohne deine Rezension gar nie bemerkt. Klingt, trotz der Fleischlastigkeit, als ob ich schon wieder einen Abstecher zu meinem Buchhändler machen müsste. Wenn das so weiter geht, machst du den Kerl zu einem reichen Mann. ;-)
AntwortenLöschenMir gehts auch so ;-) Meist weiß ich gar nicht, wo ich anfangen und wo ich aufhören soll. Dieses Buch lohnt sich aber wirklich!
LöschenNun hoffe ich nur noch, dass du die ganzen Rezepte auch herzeigst, die du da nachmachen willst! Das Kochbuch klingt toll.
AntwortenLöschenDie Apfelmanderl sind schon meine! ;)
Das Buch ist wirklich toll. Und die Apfelmanderl waren sooooo gut ;-) Hach, auf meiner To Cook-Liste steht schon so unüberschaubar viel ... Ich tu mein Bestes ;-)
LöschenFaules Mädchen - abfotographierte Rezepte ;O)
AntwortenLöschenIch mag wie du rezensierst - schön persönlich. Und gut nachvollziehbar! liebe Grüße...
Ich bin nicht faul. Ich muss mir nur grad meine Zeit sehr gut einteilen, fremdbestimmt wie ich bin ;-) Auch zu dir liebe Grüße!
LöschenVielen Dank für diese fachlich tolle Rezension! Die Mengenangaben bei den Apfelmanderln schauen wir uns gleich an. Leider können wir diese Korrektur nicht mehr in die zweite Auflage reinnehmen, denn die ist bereits in Druck. Wir haben dabei einige Fehler korrigiert, zum Beispiel, dass wir beim Stöcklkrautrezept vergessen haben, zu schreiben, dass man den Krautkopf vor dem Kochen halbieren und den Strunk rausschneiden muss. Übrigens sind die Weintipps nicht von mir, sondern von meinem Bruder Thomas (auch ein Weinexperte). Gutes Gelingen, Euch allen!" Willi Klinger
AntwortenLöschenHabe die Ehre, Herr Klinger! Es freut mich, dass Sie hierher gefunden haben. Und gleich einmal Gratulation zur zweiten Auflage, das verwundert mich nicht.
LöschenIch kann mir gut vorstellen, dass beim Schreiben eines Kochbuches irgendwann einmal der Kopf zu rauchen beginnt und sich eine gewisse Betriebsblindheit einschleicht ...
Den Autor der Weintipps werde ich im Text gleich korrigieren, vielen Dank für den Hinweis.
Und gleich noch einmal ein Danke - für das Buch. Lieben Gruß an Ihre Mutter!