Freitag, 6. März 2015

Was sein muss und was nicht

Lidl Flugblatt: Schweinefleisch, ich weiß nicht mehr welches, um € 1,99 das Kilo. Und die Leute stürmen den Laden.

Keine zwei Euro mehr für ein ganzes Kilo Fleisch, muss das wirklich sein? Kann das noch sein? Nein. Und das müsste jeder halbwegs reflektierte Mensch auch einsehen. Aber am Ende des Tages, da hören wir unser Börserl, wie es raunzt: Spaaaren! Zumindest beim Essen.

Ich erinnere mich an einen Artikel in einer oberösterreichischen Tageszeitung: Warum unser Fleisch so billig ist. Zwischen dem Text einige Bilder, eines davon zeigte neugierig dreinblickende Mastschweine, auf Spaltenböden stehend. Ich begann zu lesen, vermutete ich doch (blauäugig wie ich war) eine kritische Sicht auf die Dinge. Ich wurde eines Besseren belehrt: Im Artikel ging es darum, wie effizient und sauber die Schweinehaltung in Österreich heute ist und dass das Fleisch, das produziert wird, aus diesem Grund höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Und auch die Frage, mit der der Text titelte, wurde beantwortet: Unser Fleisch ist deshalb so billig, weil es der Handel als hochwirksames Lockmittel erkannt hat und auf seine Margen verzichtet, um Kunden zu ködern. Punkt. Und die Schweine auf den Spaltenböden? Die wurden gar nicht erst erwähnt.

Noch so eine Szene: Welser Messe, vergangenes Jahr. Eine ganze Halle war in eine Erlebniswelt Bauernhof verwandelt. Viehzüchter und Verbände stellten aus und bemühten sich nach Kräften, diese Welt als heil darzustellen. Entsprechend viele Tierbabys fanden sich zum Betrachten und Streicheln. Die Kinder freuten sich natürlich, auch über die süßen kleinen Ferkelchen, die am Stand des Schweinezuchtverbands herumwuselten. Zumindest durften sie wuseln, die Sau durfte nicht. Sie lag eingezwängt im sauber polierten Kastenstand. Und keiner hat sich daran gestört.

Lange habe ich über diese Sau in ihrem Kastenstand nachgedacht. Über die Menschen, die rundherum standen. Von manchen wurde die Sau bedauert, weil sie sich nicht rühren konnte. Aber eigentlich fanden es alle … ziemlich normal. Genauso normal wie die Spaltenböden. Wie das Kappen der Eckzähne und der Ringelschwänze. Wie das Kastrieren der männlichen Ferkel ohne Betäubung. Die Schweinezucht, die funktioniert halt heute so.

Ja, es stimmt, heutzutage läuft das so. Das heißt aber nicht, dass es so bleiben muss. Es geht auch anders und ich bin froh, dass ich hier, im Mühlviertel, meine Alternativen nicht lange suchen muss. Hier gibt es Menschen mit Visionen und dem Willen, etwas zu verändern: Sonnberg Biofleisch in Unterweißenbach beispielsweise oder das Weideschwein-Projekt (mit dem besten Prosciutto ever!) von Christian Hintersteininger aus Tragwein. Und Mitte dieses Jahres öffnet der Schwarzbergerhof in Schönau im Mühlkreis seine Pforten, worauf ich mich schon ziemlich freue (Bio, ganzjährige Freilandhaltung, Weideschlachthaus). Davon hier sicher bald mehr.

P.S.: Die aktuelle Kampagne Arme Schweine von United Creatures setzt sich gegen das Kastrieren von Ferkeln ohne Betäubung ein. Mitmachen!


P.P.S.: tierfreitag!

8 Kommentare:

  1. Ich bin ganz bei dir! Nur wäre es schöner, wenn sich Leute, die dieses Fleisch kaufen, mal diese Gedanken machen würden...
    Liebe Grüße,
    Eva

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    1. Ich weiß ... Das Thematisieren hier im Blog ist halt ein Versuch, (m)einen Beitrag zur ganzen Problematik zu leisten ... Liebe Grüße!

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  2. Ich denke unter Foodbloggern rennst du offene Türen ein, die die es lesen sollten,..ob die das auch tun?
    Ich weiß es nicht,..
    Ich bin froh, für Rindfleisch eine passende Quelle gefunden zu haben, Schweinefleisch und anderes kaufe ich dann halt in Bio Qualität soweit erhältlich.
    Toller Beitrag zum Tierfreitag, den teil ich mal auf fb, :-)

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    1. Danke fürs Teilen :-)
      Natürlich lesen das hier großteils Menschen, die eh schon auf dieser Schiene unterwegs sind, da hast du bestimmt recht. Ich hoffe aber, dass sich hier und da auch andere hierher verirren ... Mein Beitrag zur Bewusstseinsbildung!

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  3. Bin gerade über einen Hinweis bei Cooketteria bei Dir gelandet - und möchte auch hier einfach nur einen Punkt daruntersetzen. Zumal es bei der Haltungsfrage ja nicht aufhört - die nach der eigenen (!) Gesundheit, nach der Umwelt (regional und überregional) schließen sich nahtlos an - unter anderem.
    Uns geht dieses riesige Paradoxon "konventionelle Haltung" nicht in den Kopf - andere machen sich vermutlich keinen, wie Eva ganz richtig sagt. Es wäre aber so schön zu wissen wie man das ändern kann! Denn das meiste, das bis jetzt passiert, passiert in Nischen wie der unseren, da hat die Giftige Blonde recht. Noch "schlimmer": unter dem (z. T. militanten) Label vegan, was bei vielen "schon aus Prinzip" zu Durchzug führt. Gnr. Ich kann mich da gerade wieder ganz wunderbar in Rage schreiben... aber vielleicht besser an anderer Stelle.
    Trotzdem: Ein schönes Wochenende Dir!

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    1. Genau an dieser Stelle, liebes milchmädchen!
      Ändern kann man es dadurch, dass man selber damit anfängt ... Missionieren hilft (leider) nicht.
      Natürlich stellt sich die Frage, wen ich hier mit meinen Worten erreiche - sicher vor allem die, die sowieso schon auf solche Dinge achten. Aber selbst da ist es hilfreich, diese Problematik immer wieder zu diskutieren - bei mir merke ich schon, dass sich, sei es aus Bequemlichkeit, Höflichkeit, etc., immer wieder mal meine Prinzipien schleifen lasse. Dann hilft es mir, mich erneut bewusst damit auseinander zu setzen!
      Dir auch ein schönes Wochenende!

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  4. ich bin auch ganz deiner Meinung und glaube schon, dass sich auch Leute hierher zum Blog verirren, denen die Thematik nicht bewusst ist. Wenn sich wenigstens einige wenige dann Gedanken machen, ist die Saat gesät!!
    lg

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