Willst du was gelten, mach dich selten. Eine paradoxe Weisheit, die in ihrer
Widersprüchlichkeit alles andere als haltlos ist. Es ist nämlich genau das
Gefühl der Unerreichbarkeit, das verkrampfte Willhaben-Reflexe in uns auslöst. Was
nicht (mehr) greifbar ist, begehren wir umso mehr. Ein Klassiker: Die Bar-Bekanntschaft,
die genau in dem Moment vom Durchschnittstypen zum Superhero mutiert, in dem
das Telefon still bleibt.
Natürlich ist das
auch beim Essen so (und der eigentliche Grund, warum die allermeisten Diäten
nicht funktionieren, aber das nur nebenbei). Wobei ich der zeitweisen
Nichtverfügbarkeit von Lebensmitteln ganz schön was abgewinnen kann – vor allem
angesichts des Überflusses, in dem wir heute leben. Vergänglichkeit bewahrt vor Übersättigung, meint Michael.
Lebensmittel im jahreszeitlichen Wechsel zu erleben, verwöhnt uns mit leiser
Vorfreude, bald schon mit übermäßiger Sehnsucht, bis sie irgendwann und endlich
da ist, die Zeit der Reife, die Zeit der Ernte. Ist das nicht schön?, fragt er. Ja, das ist schön.
Umgekehrt verliert
vieles seinen Reiz, wenn es allzu oft auf den Tisch gebracht wird. In warmen
und feuchten Jahren kann mir das mit Eierschwammerln passieren, die, dank der
ausufernden Sammelleidenschaft meiner Schwiegermutter, die sich wenn nötig auch
im Laufschritt durch den Wald bewegt, um ihre
Schwammerlplätze vor konkurrierenden Pensionisten zu verteidigen, eine gewisse
Zeit lang doch recht häufig auf dem Speiseplan stehen. Schnell habe ich die
kleinen gelben Kerle dann satt – im wahrsten Sinne des Wortes. Und das ist mehr
als schade.
Heuer hatte ich nicht mit
einer derartigen Übersättigung zu kämpfen, denn das Schwammerljahr war ein
schlechtes. Dementsprechend ausgehungert bin ich immer noch, was mein Pilzgerichte-Kontingent
2015 betrifft. Daher:
Carpaccio vom Kräuterseitling
Kräuterseitlinge sind meine absoluten Favoriten
unter den Pilzen. Ihr feines Aroma und ihr festes Fleisch sind eine wahre
Freude. Sie können natürlich auch roh verzehrt werden, was ich absolute
empfehle! Das Rezept für dieses kleine Gericht lag wohl einmal in meiner
Biokiste, ganz genau kann ich es aber leider nicht mehr sagen.
Zutaten für 2
Personen
4 – 6 frische
Kräuterseitlinge (je nach Größe)
Für das Dressing
½ kleine Zwiebel
1 Handvoll frische
Gierschblätter (ersatzweise Petersilienblätter, oder beides gemischt)
Salz, Pfeffer
1 EL Olivenöl
2 EL weißer
Balsamico-Essig
1 Schuss Wasser
1 Spritzer
Zitronensaft
¼ TL Estragonsenf
Zum Servieren
Baguette,
Vollkorntoastbrot oder getoastetes Schwarzbrot
1. Die
Kräuterseitlinge sauber putzen und in sehr dünne Scheiben schneiden. Auf
Tellern arrangieren.
2. Zwiebel fein
hacken, Giersch- und / oder Petersilienblätter ebenfalls.
3. Alle Zutaten
für das Dressing gut vermischen.
4. Die Pilze mit
dem Dressing beträufeln und 10 Minuten ziehen lassen.
5. Die marinierten
Kräuterseitlinge mit Brot servieren.
Dieses Carpaccio
ist übrigens auch perfekt geeignet, um seine(n) Liebste(n) bei einem
Waldspaziergang mit einem feinen, minimalistischen Picknick zu überraschen.
Einfach die Pilze im Ganzen und das Dressing in einem Schraubglas mitnehmen.
Die kleine Kocherei, die dann vor Ort
noch notwendig ist, sorgt bestimmt für die richtige Stimmung …
Und Schwupps -
rüber damit in Zorras kochtopf, wo Barbara & Mario das Blogevent Wild &Pilz ausrichten!
das klingt köstlich, Ich find immer nur Parasole und die meist einzeln (
AntwortenLöschenlg Sina
Die Kräuterseitlinge lassen sich in der Wildnis eh nicht "finden", nur im Geschäft ;-)
LöschenBei uns gibt es schon einiges an Pilzen in den Wäldern, aber so richtig auskennen tu ich mich nicht ...
Liebe Grüße!
Ich habe gestern mal wieder - auf dem Viktualienmarkt gekaufte - Steinpilze in Rahmsosse und mit Semmelknödel gemacht. Traumhaft wegen Megaverknappung, ich bin im Gegensatz zu deiner Schwiegermutter beim Schwammerlsuchen eine Null.
AntwortenLöschenIch auch, tröste dich ;-)))
LöschenIch werde vielleicht auch mal Capaccio probieren. Die Kräuterseitlinge lachen mich zwar jedes Mal an, wenn ich sie sehe, aber irgendwie bekommen Sie bei mir immer gummiartige Konsistenz wenn ich sie gare. Hast einen Tipp?
AntwortenLöschenJössas, die verehrte Frau Ziii - schön, dass du hier bist! Gleich vorweg einmal: Ich liebe dein Buch - es ist eine Freude, darin zu blättern. Sehr, sehr schön. Und ganz du :-)
LöschenEinen Tipp willst DU von MIR - das ehrt mich aber schon ... Ich glaub, dass es wichtig ist, die Pilze nicht zu lang zu garen - besser kurz und knackig. Oder gleich Carpaccio machen ...
Liebe Grüße!
Hallo Maria,
AntwortenLöschenvielen Dank für das tolle Rezept! Ich schätze Kräuterseitlinge sehr als Pilze. Neben dem feinen Aroma bieten sie eine kernige Konsistenz und sind in der Küch vielfältig einsetzbar. Das Du dann für die Vinaigrette auch noch mit Giersch arbeitest finde ich prima. Gerade Wildkräuter, die teilweise im Garten auch sehr lästige Unkräuter sind, bieten enorm viele tolle Aromen. Leider sind Wildkräuter immer noch vollkommen unterschätzt und es freut mich sehr, das Du sie verwendet hast!
Viele Grüße
Mario
Schön, dass du hierher gefunden hast, Mario! Danke für das schöne Event-Thema :-)
LöschenLiebe Grüße!