Sag mal, dieser Wildwuchs unter deinen Achseln,
muss denn das wirklich sein?,
frage ich kopfschüttelnd die hochgewachsene Brennnessel am Wegesrand und setze
mich neben sie. In der heutigen Zeit?
Die Gute kontert
empört: Was da aus meinen Blattachseln
sprießt, das ist kein Wildwuchs... Schau genau: Extrafein hab ich mich
herausgeputzt, mit grünen, winzigen Perlen geschmückt. Du, du tätest im Übrigen
auch gut daran, ein wenig an deiner Optik zu feilen. Pfff!
Ich wehre mich: Papperlapöff. Perlen. Du spinnst.
Die Brennnessel
setzt – sehr gekonnt – einen ihrer mildesten Blicke auf: Jetzt sag ich dir was, hör gut zu: Nimm dir ein bisserl was mit von
meinen Perlen und sei daheim recht großzügig, wenn dein Mann dich fragt, ob er
davon kosten darf. Du wirst dann schon sehen, was du davon hast …
Als ich aufstehe,
überlege ich kurz, ihr den Gefallen nicht zu tun. Um sie zu ärgern, wegen der
unausgefeilten Optik. Aber dann tu ich doch, was sie will, schließlich ist sie
meine Freundin. Und ja, was soll ich sagen? Natürlich hatte sie wieder mal
Recht. Womit wollt ihr wissen? Nun, das
bleibt mein süßes, kleines Geheimnis …
Knuspermüsli mit Dirndln und Brennnesselsamen
Die Brennnesseln tragen gerade schwer an ihren
Früchten, ist es euch schon aufgefallen? Ach, diese Samen sind ein wahres
Geschenk. Was die alles können! Und so leicht zu ernten! Viel Wissenswertes
über die kleinen, grünen Wunderdinger habe ich nach dem Rezept für euch
zusammengetragen.
Der Clou bei diesem Knuspermüsli ist die Idee, die
trockenen Zutaten mit einer Mischung aus Banane und Honig zu verbinden. Der
Bananengeschmack kommt dezent durch, steht aber nicht im Vordergrund. Ich mag
es sehr gern! Die getrockneten Früchte gebe ich erst zum Schluss dazu, damit
sie durch das Backen nicht bitter werden.
Zutaten
75 g gemischte
Nüsse (ich habe Walnüsse und Haselnüsse verwendet)
250 g
feinblättrige Haferflocken
25 g getrocknete
Brennnesselsamen
25 g Leinsamen
1 EL brauner
Zucker
1 Prise Salz
1 Banane
75 g Honig
25 g getrocknete
Dirndln*
25 g getrocknete Heidelbeeren
1. Das Backrohr
auf 160 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
2. Die Nüsse grob
hacken
3. Gehackte Nüsse
mit Haferflocken, Brennnnesselsamen, Leinsamen, Zucker und Salz vermischen.
4. Banane und Honig
mit dem Stabmixer fein pürieren und zu den trockenen Zutaten geben. Alles mit
den Händen gut vermischen, bis die trockenen Zutaten gleichmäßig vom Bananen-Honig-Sirup
überzogen sind.
5. Die Mischung auf
einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilen und im vorgeheizten Rohr etwa 25
Minuten backen. Während der Backzeit öfter durchmischen, damit das Knuspermüsli
gleichmäßig bräunt. Keinesfalls zu lange backen, da sonst die winzigen Brennnesselsamen
verbrennen könnten.
6. Knuspermüsli
aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen. Mit den getrockneten Früchten
vermischen (die Früchte werden bitter, wenn man sie mitbäckt).
*Für dieses Rezept
habe ich zum ersten Mal das Trocknen von
Kornelkirschen ausprobiert. Zum Trocknen eignen sich Dirndln, die noch
nicht allzu weich sind. Meine habe ich daher vom Baum gepflückt. Das
Fruchtfleisch habe ich mit einem scharfen Messer in jeweils drei Bahnen vom
Kern geschnitten, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech gelegt und ins Freie
gestellt, an einen warmen, zugigen Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung. Das
Trocknen im Freien geht natürlich nur, wenn dabei auch das Wetter mitspielt.
Generell sollte man die Früchte während des Trocknungsvorgangs hin und wieder
durchmischen und über Nacht in die Küche holen, damit sie nicht wieder feucht
werden. Nach einigen Sonnentagen waren die Dirndln getrocknet.
Alternativ können
die Kornelkirschen natürlich auch im Dörrgerät oder im Backofen (für einige
Stunden bei etwa 70 °C Ober-/Unterhitze, mit leicht geöffneter Ofentüre)
getrocknet werden.
Nach einem Rezept aus dem Buch Sweets von
Nicole Stich, erschienen bei GU.
Good to Know: Brennnesselsamen
Alle reden von
Superfoods – lassen sie einfliegen aus fernen Ländern, kaufen sie ums sagenhaft
teure Geld, sehen über starke Verarbeitung und Pestizidbelastung hinweg. Warum?
Na, weil sie hip sind und cool (super halt), weil sie Gesundheit versprechen
und uns zum Leuchten bringen, weil sie fit, jung und funny machen. Dabei, würde
jemand mich fragen, wächst doch das echte, das eine Superfood direkt vor
unserer Haustür: die Brennnessel. Diese Pflanze hat es mir in ihrer Gesamtheit
angetan, zurzeit sind es aber vor allem ihre Samen bzw. Früchte, die es
heimzuholen gilt. Richtige Kraftpakete sind das, ganz einfach und in rauen
Mengen zu ernten – und das alles noch dazu ein Geschenk. Ein Geschenk von
Mutter Natur an uns Menschen. Aber oft ist es eben leider so, wie schon Albert
Einstein meinte: Was nichts kostet, ist
nichts wert…
Dennoch: Über die
Früchte der Brennnessel, diese kleinen, kantigen Nüsschen, die ab etwa August
in Rispen aus den Blattachseln der Pflanzen sprießen, gibt es einiges zu
erzählen. Also:
Zuerst die Fakten
Brennnesseln sind
getrenntgeschlechtliche Pflanzen, das heißt, es gibt männliche und weibliche
Exemplare. Sie blühen ab ungefähr Juni und bilden sehr kleine, dezente und schmucklose
Blüten aus, die in Rispen angeordnet sind. Während die Blütenrispen der
weiblichen Pflanzen in der Regel nach unten hängen, stehen die der männlichen
Pflanzen meist aufrecht (ein Schelm, wer hierbei gleich an delikatere Dinge
denkt als an … Grünzeug).
Im Anschluss an
die Blüte, ab etwa August, bildet die weibliche Brennnesselpflanze aus ihren
Blütenrispen Samenstände aus: Die etwa 1 mm großen, grünen Nussfrüchte sind
ebenfalls in Rispen angeordnet und enthalten jeweils einen Samen.
Wie ich
Brennnnesselsamen ernte, habe ich hier bereits erklärt. Am besten ist es, an einem
trockenen, sonnigen Tag gegen Mittag oder am frühen Nachmittag loszuziehen,
wenn der Morgentau verschwunden ist und die Pflanzen abgetrocknet sind. Die
Qualität der Samen ist dann am besten und das Trocknen geht noch schneller. Ob
noch grüne oder bereits braune Samen mitgenommen werden, ist übrigens
Geschmackssache. Ich bevorzuge die grünen, weil sie mir einfach frischer und
appetitlicher vorkommen. Bräunlich werden sie dann sowieso mit der Zeit von
selbst.
Brennnesselsamen
können sofort verwendet oder auch getrocknet und für später aufbewahrt werden.
Ich bevorzuge das Trocknen an der Luft (Anleitung dazu ebenfalls hier), sie
können aber auch schonend bei nicht zu heißer Temperatur im Backofen getrocknet
werden. Nach dem Trocknen werden die Samen in Gläser gefüllt und gut
verschlossen. So halten sie mindestens 1 Jahr, ohne wesentlich an Qualität zu
verlieren - meist sogar länger.
Geschmack & Verwendung
Brennnesselsamen
schmecken fein nussig, sie kratzen aber auch ein wenig auf der Zunge und im
Hals. Dieses Kratzige verliert sich jedoch beim Verkochen und Verbacken.
Sie lassen sich
über Salate oder aufs Butterbrot streuen, in Honig einlegen, machen sich gut in
Kräutersalzmischungen, Brot- oder Keksteig, in Smoothies und Müsli, Pestos und
Aufstrichen, in Risotto, Quiches und Aufläufen oder auch in Pastasaucen.
Gesundheit & Wirkung
Brennnesselsamen
gelten als Lebenelixier. Sie sollen
derart reich sein an kräftigenden und belebenden Inhaltsstoffen, dass sie von
exotischen Superfoods kaum noch zu toppen sind. Dabei ist es vor allem der hohe
Anteil an ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen, der sie
auszeichnet. Frei nacherzählt klingen die vielen Infos, die es zu den kleinen
Samen gibt, in etwa so:
- Brennnesselsamen enthalten eine Vielzahl an anregenden, stärkenden und regenerierenden Wirkstoffen, so genannte Biostimulantien. So können sie in Phasen von Müdigkeit und (Leistungs-)Schwäche zum Einsatz kommen, sie unterstützen die Regeneration nach Krankheiten und wirken ausgleichend bei Stress, Abgespanntheit und Unruhe.
- Ihr hoher Schleimgehalt beruhigt Magen und Darm.
- Auch stillende Mütter profitieren von den Samen, sie regen die Milchproduktion an.
- In der Frauenheilkunde sollen sie als pflanzliche Hormonkur hilfreich sein.
- Sie sorgen aber auch für schöne Haut und starkes, glänzendes Haar.
In früheren Zeiten
wurden sie aus all diesen Gründen übrigens auch Tieren gerne gegeben. Pferde
wurden leistungsfähiger und temperamentvoller und bekamen ein dichtes,
glänzendes Fell. Hühner legten im Winter mehr Eier, Kühe gaben mehr Milch.
Männer & Frauen
Überlieferungen
zufolge soll die stärkende Wirkung von Brennnesselsamen in der Lage sein, eine
Intensität zu erreichen, die im Mittelalter zu einem Verzehrsverbot für Mönche
führten. Das Keuschheitsgelübde war in Gefahr! Brennnesseln wurden deshalb in
den Klostergärten gnadenlos ausgerupft und vernichtet. Allein die Vorstellung!
Grund für diesen
Effekt sind offenbar hormonartig wirkende Substanzen, die Libido, Potenz und
Zeugungsfähigkeit ganz sprichwörtlich auf Vordermann bringen sollen. Brennnesselsamen
gelten daher schon seit langem als natürliches Aphrodisiakum – geht es nach dem
römischen Dichter Ovid, handelt es sich dabei sogar um das beste der Welt! Nun
ja, sein Liebestrunk-Rezept ist schon ein wenig seltsam, sogar ziemlich unsexy,
besteht es doch aus Eidottern, Brennnesselsamen, Pfeffer, Zwiebeln und
Knoblauch. Eine weitere Empfehlung von ihm nehme ich jedoch gerne an, nämlich
Speisen mit einer Kombination aus Brennnesselsamen und Pfeffer im Verhältnis
1:1 zu würzen.
So,
vielleicht führt bei dem einen
oder anderen dieses geballte Wissen nun auch zum Tun – mich würd’s freuen!
Schön geschrieben und wie wahr! Leider wird alles was nichts kostet, nicht so geschätzt, als das sauteure Zeug!
AntwortenLöschenStimmt ... Offenbar eine Luxusproblem unseres heutigen Lebens im Überfluss ...
LöschenLiebe Grüße!
Zu spät, bin schon seit Jahren angefixt. :-)
AntwortenLöschenIch weiß ;-))))
LöschenJajaja! Genau so sehe ich das auch mit den neuen Superfoods. Alle gekostet und dann ad acta gelegt. Ich mag Leinsamen total gern, der ist auch gesund und keiner schert sich mehr drum, weil eben nicht modern. Aber ich gestehe, nachdem ich in Wien keine hundefreie Stelle (du weißt, was ich meine ;) ) kenne, wo ich Brennnesselsamen ernten könnte, sammle ich sie viel zu selten.
AntwortenLöschenIn Wien ist das sicher nicht so leicht, das kann ich verstehen ... Aber der Wienerwald ist ja nicht weit ;-) Leinsamen mag ich auch und ich experimentiere hin und wieder damit herum. Grundsätzlich sollte er ja dieselben (Quell-)Eigenschaften wie Chiasamen haben, gell? Liebe Grüße!
LöschenToller Hinweis! Wir haben bislang die Brennessel vor allem vor der Blüte gesammelt um Brennesselsud als Dünger für die Pflanzen herzustellen. Aber da werd ich mich bald aufmachen um Samen zu sammeln, bin gespannt.
AntwortenLöschenDas freut mich, warst du schon erfolgreich?
LöschenDas ist es ja auch, was ich an der Brennnessel so gerne mag - das ganze Jahr über gibt sie uns was ab :-) Liebe Grüße vom Mädel
ich geh bei Gelegenheit gleich Brennesselsamen suchen!!
AntwortenLöschendanke f.d. Erinnerung :-)
Schön!!! :-)))
LöschenLiebe Grüße zu dir!
Hi,
AntwortenLöschendas Rezept sieht extrem lecker aus!
MFG Philipp
Ich dank dir, Philipp :-)
LöschenNette Geschichte da am Anfang, du hast ja richtiges Erzähltalent :)
AntwortenLöschenMüsli sieht auch super aus, kratzen die Brennnessel Samen nicht im Hals?
Wie lange sollte man die Kornelkirschen denn ich Dörrgerät lassen?
Ich hab diese Modell: http://www.vitality4life.de/biochef-arizona-dorrgerat-mit-8-einschuben/
So lange bis sie eine bestimmte Farbe haben?
Jedenfalls sehr interessant und immer weiter so :)
Liebe Angelika, danke für deine lieben Worte und schön, dass du da bist!
LöschenDie Brennnesselsamen kratzen ein wenig auf der Zunge, was mich aber nicht stört und im Müsli auch nicht mehr wirklich fühlbar ist.
Was das Trocknen im Dörrgerät betrifft, bin ich ein ziemlicher Laie - ich besitze nämlich keines und trockne meine Früchte und Ähnliches entweder im Ofen oder - noch lieber - draußen an der frischen Luft. Die Dirndln sind aus meiner Sicht fertig, wenn sie an den Rändern schön trocken, in der Mitte aber immer noch ein wenig fleischig sind. So mag ich sie am liebsten!
Ihre Farbe behalten sie übrigens sehr schön.
Liebe Grüße vom Mädel!
Danke für den super blog, mit wahnsinns info und interessanten rezepten!!!!
AntwortenLöschenWerd heute wieder brennesslsamen ernten. Liebe grüsse aus dem burgenland