An den Kindern sieht
man, wie die Zeit vergeht. Wie sie verfliegt, vorüberzieht. Ihre Spuren
hinterlässt. Gerade noch saß der kleine Mann neben mir im Gras und kostete von
Grünzeug, Erde und Steinen. Jetzt saust er mit Wichtelgeschwindigkeit und
zurückgebogenen Armen durch die Gegend, kennt die wichtigsten Traktormarken
auswendig (John Deere, Deutz, David Brown, Steyrer, alles kein Problem) und
lässt es mich eindringlich wissen, wenn er mich braucht (Mama … MAMA!!!).
Man sieht es aber
auch an der Natur: Grad eben noch haben doch die Dirndlbäume meines Vaters
geblüht, ganz zeitig im Frühjahr – und schon sind die heißgeliebten Früchte
wieder reif für die Ernte. Wie sagt man? Kindern vergeht die Zeit oft zu
langsam, den Alten meist viel zu schnell. Das kann dann wohl nur eins bedeuten,
wenn sich meinem Empfinden nach der Wechsel zwischen Neubeginn, Hochblüte und
Winterschlaf im Jahreslauf so rasend schnell vollzieht, dass es mir schwer
fällt, diese oder jene Zeit voll und ganz zu genießen, ohne dabei wehmütig an
das Vergangene zu denken oder schon sehnsüchtig auf das Zukünftige zu schielen:
Ich werde alt.
Ach herrje, nein,
soweit ist es noch nicht. Da ist ja vorher noch ein Minimädel einzuschulen, ein
drittes Kind auf die Welt zu bringen, ein Hund zu erziehen. Ganz zu schweigen
von den Unmengen an Rezepten, die sich geduldig in meiner Küche anstellen, um
ausprobiert zu werden. So viele erste Male, die gerade auf mich warten. Und
darauf kommt es in der Zeitwahrnehmung offenbar auch an: Wem wenig Neues und
Aufregendes widerfährt, dem bleiben auch weniger Erinnerungen haften und im
Rückblick vergeht die Zeit wie im Flug. Umgekehrt aber prägen sich Momente der
Spannung und Emotion stark im Gedächtnis ein – und hinterlassen ein stärker
gedehntes Zeitgefühl. Das bedeutet: Jeder kann seine gefühlte Zeit abbremsen,
indem er sich für Neues öffnet und versucht, wieder mehr erste Male zu erleben.
Und wenn es nur die erste selbst eingekochte Dirndlmarmelade ist.
Meine perfekte Dirndlmarmelade – Schritt für Schritt
Diese Dirndlmarmelade ist die Königin meines
Vorratsschrankes. Ganz schlicht eingekocht und mit Vanille gewürzt halte ich
sie für eine klare Anwärterin auf den Titel Best ever. An
dieser Stelle bedanke ich mich gleich bei meiner Freundin R., die mir mit ihrer
unwiderstehlichen Dirndlmarmelade vom vergangenen Jahr den Mund wässrig gemacht
und meinen Perfektionismus so richtig angeheizt hat.
Zutaten
sehr reife Früchte
der Kornelkirsche (Dirndln)
etwas Kirschsaft oder
Orangensaft
Bio-Gelierzucker 2:1
Vanilleschoten
1. Für Marmelade
werden am besten die ganz reifen und schon etwas weichen Dirndlfrüchte
verwendet, die von selbst von Baum fallen. Vergangene Woche hat mein Vater die
ersten Bodennetze ausgelegt. Nun wird täglich geerntet, was die Bäume hergeben,
mit den Netzen geht das schnell und unkompliziert. Meine Tageslosung von zwei Bäumen ergab etwa 6 kg Früchte.
2. Die Früchte
verlesen und bei Bedarf waschen.
3. Nun kommen sie
gemeinsam mit dem Kirsch- oder Orangensaft in einen großen Topf. Pro kg Früchte
verwende ich etwa 100 ml Saft. Wasser geht natürlich auch. Die Flüssigkeit
verhindert, dass die Früchte beim Erhitzen am Topfboden anbrennen. Bei
mittlerer Hitze erwärmen, bis die Flüssigkeit köchelt und die Dirndln beginnen
aufzuplatzen.
4. Den Topf mit dem
Deckel verschließen, Hitze reduzieren und die Dirndln in etwa 10 – 15 Minuten
weich kochen.
5. Nun kommt der Trick, um die Ausbeute bei der
Kornelkirschenverarbeitung deutlich zu erhöhen: Die Dirndln direkt im Topf
einige Minuten lang mit den Quirlen des Handmixers bearbeiten, damit sich so
viel Fruchtfleisch wie möglich von den Steinen löst. Es entsteht dadurch eine
appetitlich cremig wirkende Masse.
6. Die gesamte, noch
heiße Dirndlmasse durch die Flotte Lotte passieren, hierfür am besten die große
Lochscheibe verwenden. Beim Passieren darf man nicht dem Irrglauben
unterliegen, dass man alles Fruchtfleisch von den Kernen bekommt – es bleibt
leider ziemlich viel in der Flotten Lotte zurück. Sobald man während des
Passierens das Gefühl bekommt, dass nix mehr weiter geht, ist es Zeit für die
nächste Ladung, auch wenn es schwer fällt. Die Ausbeute liegt bei mir ungefähr
bei 2/3: Von den 6 kg Dirndln habe ich etwa 4 kg Fruchtmasse erhalten.
7. Dirndlmus abwiegen
und in einen großen Topf geben.
8. Pro kg Dirndlmus 1
Vanilleschote der Länge nach aufschlitzen und das Mark herauskratzen.
Vanillemark und ausgekratzte Schote zum Mus geben.
9. Pro kg Dirndlmus
500 g Bio-Gelierzucker 2:1 einwiegen und mit dem Dirndlmus verrühren.
10. Die Masse
vorsichtig und unter häufigem Rühren aufkochen. 5 Minuten sprudelnd (eher
blubbernd) kochen lassen, dabei stetig rühren.
11. Währenddessen
saubere Gläser mit Schraubdeckel bereitstellen.
12. Die
Vanilleschoten entfernen (wenn man die Marmelade in größere Gläser abfüllt,
kann man die Vanilleschoten auch mit hinein geben, was für das Aroma sicher
nicht von Nachteil ist).
13. Marmelade kochend
heiß in die Gläser füllen und gut verschließen.
Noch einige Worte zum Gelierzucker: Ich verwende ihn seit jeher aus Gewohnheit
und Bequemlichkeit und habe mir eigentlich bis dato – entgegen meiner sonstigen
Gepflogenheiten und irgendwie untypisch für mich – keine großen Gedanken
darüber gemacht. Umso erstaunter war ich, als ich folgende Auslobung auf der
Verpackung entdeckte: Jetzt ohne
Palmfett. Hä? Palmfett im Gelierzucker? Kurze Internetrecherche. Offenbar
werden gehärtete Fette eingesetzt, um das Schäumen der Fruchtmasse beim Kochen
zu verhindern. In Schockstarre weitergelesen. Pektin (war mir klar),
Zitronensäure (war mir klar). Dann aber noch Konservierungsmittel Kaliumsorbat,
das ich eigentlich wegen seines metallischen und prickelnden Geschmacks auf der
Zunge ganz und gar nicht mag und normalerweise überall heraus schmecke. Puh,
Klaps auf die Stirn. Wie uninformiert bin ich eigentlich? Mache ich mir meine
Marmelade nicht aus genau dem Grund selbst, damit sie so natürlich wie möglich
ist?
So, Gottseidank gibt
es Alternativen. Fertige Gelierpulver sind keine, da sie bis auf den Zucker die
gleichen Zusatzstoffe enthalten wie Gelierzucker selbst. Reines Pektin oder
Agar-Agar wären welche. Meinen derzeitigen Favoriten habe ich jedoch im
Bio-Gelierzucker gefunden, der nur aus Zucker und Pektin besteht. Damit kann ich leben. Und meine Bequemlichkeit auch.
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Den Trick mit dem Handmixer werde ich dieses Jahr ausprobieren. Allerdings jage ich die Kornelkirschen hinterher nicht durch die flotte Lotte, sondern streiche sie ganz altmodisch von Hand durch ein Sieb. Dadurch wird quasi das ganze Fruchtfleisch von den Steinen gelöst. Leider eine ziemlich anstrengende Methode, aber bei 2-3 Kilo noch durchaus machbar.
AntwortenLöschenMein Vater macht das auch wie du, draußen im Freien gleich im großen Stil. Er benutzt dafür ein großes Blech mit Löchern und streicht die Masse mit einer Art Teigkarte (ich glaub aber, die ist aus dem Bauhaus ;-)) durch.
AntwortenLöschenEcht, und dadurch kriegst du so gut wie das ganze Fruchtfleisch von den Kernen?
Liebe Grüße!
Yep. Allerdings dauert es pro Siebfüllung etwa 5-10 Minuten, d.h. danach brauchen meine Arme zwei Wochen Urlaub... ;-)
LöschenIch glaub, da hapert's bei mir vor allem an der Geduld ... 10 Minuten pro Siebfüllung hab ich garantiert nie geschafft ;-)
LöschenAch, ich mag den Namen *Dirndlmarmeldade*, ich mag das Foto, auf dem die Gläser auf der moosbewachsenen Mauer stehen und ich mag Buben, die Traktorfirmen kenne :) - nur Kornelkirschen kenne ich nicht. Umso spannender, wie das wohl schmeckt...
AntwortenLöschen(und dass man selbst so zum Wissenschaftler werden muß für alles Kleingedruckte, das finde ich schon bald nicht mehr nervig sondern ätzend)
Den Namen "Dirndln" mag ich auch besonders :-)
LöschenHeute beim Einkauf im Supermarkt wollte der kleine Herr übrigens unbedingt ein eigenes Einkaufswagerl haben (eins von diesen kleinen) - er bog direkt ab zu diesem (ihm leider schon wohlbekannten) Ständer mit den Matchbox-Autos und -Traktoren. Und dort hat er sich dann fast den ganzen Wagen vollgeladen ;-)))))
Dein Sohn - ich würde den gern drücken! Wichtelgeschwindigkeit und die Namen der Traktoren, das klingt echt wunderbar!
AntwortenLöschenDen Trick mit dem Handmixer habe ich letztes Jahr einer Freundin gesagt, als sie jammerte, dass das mit dem Sieb so mühsam sei. Sie hat mich missverstanden und ist einfach mit dem Stabmixer in die Dirndln reingefahren. Als ich das gehört habe, bin ich erstarrt, aber angeblich halten die Kerne das gut aus. Ich hab leider keine Dirndln, aber wenn ich welche ergattern kann, dann versuch ich das mit einer kleinen Menge.
Er ist ja derzeit wirklich sowas von zum Drücken!!! Hättest du einen eigenen Traktor, würde er sich für eine ausgedehnte Spazierfahrt auch bestimmt von dir drücken lassen ;-)
LöschenIch kanns mir gut vorstellen, dass die Kerne das aushalten ... Aber der Stabmixer???
Liebe Grüße :-)
Dieses Jahr habe ich die Kornelkirsche vorerst nur roh ins Müsli geworfen, und habe zum Glück sogar noch Konfi übrig von der letzten Saison. Aber vorhin, kurz bevor ich hier bei dir vorbeischaute, habe ich zu unserem grossen Strauch hochgesehen, der zwar mittlerweile (zu)viel Schatten wirft, aber es sei ihm gegönnt, denn die Früchtchen- , na ja, das muss ich dir ja nicht sagen...Was ich eigentlich sagen wollte: ich habe für diese Konfi noch nie Gelierzucker gebraucht, der Löffel bleibt auch so stecken. Früchte und Biozucker (aus der Region...), kurz aufkochen, Passevite bedienen und ab in die Gläser.-Sonnige Grüsse dora
AntwortenLöschenJippie, ich hab noch Dirndln von Papa bekommen! Das probier ich dann gleich mit normalem Zucker aus - das glaub ich nämlich gut und gerne, dass der Löffel auch so stecken bleibt :-) Danke für den Tipp!
LöschenKornelkirschen bekomme ich hier leider nicht, aber das mit der Zeit, die immer schneller läuft, das kenne ich nur zu gut und dabei mangelt es mir nicht an Neuem...
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Eva
Schwestern im Geiste ... :-) Liebe Grüße!
LöschenHach ja die gute Zeit. Es ist wirklich verrückt wie schnell sie vergeht. Eben noch Erdbeeren gegessen, jetzt schon Zwetschgen...
AntwortenLöschenOh je, ich muss leider zugegeben das ich Dirndl gar nicht kenne, musste erst mal googeln;) Aber so habe ich schon wieder eine neue Frucht kennengelernt. Ich habe zwar noch nie Gelierzucker verwendet, wusste aber nicht das da noch andere Zusätze mit dabei sind! Danke für den Tipp mit dem Bio - Gelierzucker!
Liebe Grüsse,
Krisi
Dirndln MUSS man kennenlernen, wenn es irgendwie geht. Ich liebe diese Frucht ... Bin aber auch verwöhnt, weil für mich der Ernte- oder Suchaufwand minimal ist (dank Papa ;-)). Stellst du deine Marmelade immer mit normalem Zucker her, ja?
LöschenLiebe Grüße!
Ich beneide Dich um die Menge an Kornelkirschen! Ich mache sonst jedes Jahr Marmelade daraus. Dieses Jahr sind hier in der Gegend (Mosel) leider so gut wie keine an den Sträuchern und Hecken. Es muß wohl regional sehr verschieden sein, denn im August sah ich in Berlin alles voll. Tja, die konnte ich ja nicht mit heim nehmen...
AntwortenLöschenEs schut alles sehr köstlich und einladend aus!
Sonnige Grüße
Ulrike
Danke liebe Ulrike :-) Die regionalen Unterschiede gibt es ja auch bei uns - Dirndln gibt es heuer genug, dafür kaum Kirschen, Zwetschken, Walnüsse, ...
LöschenLiebe Grüße!
Nachtrag: ich war letzte Woche nochmals in Berlin und habe dort noch einen Strauch voller Kornelkirschen gefunden. Da konnte ich nicht anders und habe gepflückt, die Früchte dort eingefroren und mitgebracht. Gestern habe ich dann endlich die heißgeliebte Marmelade gekocht...
LöschenSpätsommergrüße!
Ulrike
Oh wie schön, ich freu mich - für dich :-)))
LöschenLiebe Grüße!
Wow soviele Dirndl, meine Dirndl Quelle ist leider versiegt und meine Mama hat nur ganz wenige, die braucht sie selber, aber ich krieg von ihr immer fertige Marmelade.
AntwortenLöschenZum Gelierzucker: Seit ein paar Versuchen mache ich meine Marmeladen und Gelees nur mit ganz normalem Zucker, kein Gelierzucker. Das einzige was sich ändert ist die Kochzeit. Ich habs bei einer der Rettungen erstmalig versucht (die Marmeladen Rettung meine ich) und seither hab ich keinen Gelierzucker mehr gekauft. Und es funktioniert. Wobei natürlich nix gegen Pektin einzuwenden ist.
Auf jeden Fall: Schön schaut deine Marmelade aus und ich hab genau so einen Weidling :-)))) und dazu noch einige andere Töpfe in dem Design bei Urli in der Küche gefunden..das weiße Sieb hab ich mir gelich mal in meine eigene Küche geholt.
Liebe Grüße Sina
Ja, der Weidling ist super, gell? Er war ein Geschenk einer Freundin meiner Mama :-)
LöschenIch hab mir vorgenommen, in Zukunft ein wenig mehr mit Alternativen zum Gelierzucker zu experimentieren. Er ist zwar superpraktisch, aber früher haben sie ja auch alles ohne Gelierzucker eingekocht, oder? :-)
Liebe Grüße!
Genauso ist es mir heuer beim Gelierzucker 2:1 auch gegangen... immer verwendet und heuer das erste mal den Konservierungsstoff entdeckt - also das war auch für mich die letzte Packung (eine habe ich noch - wegschmeißen tu ich nix) aber beim Neukauf such ich mir auch was anderes...
AntwortenLöschenDie guten alten Gewohnheiten, gell? Aber es gibt ja Alternativen :-)
LöschenIch schick dir liebe Grüße!
Der Tipp mit dem Mixer ist wertvoll!
AntwortenLöschenDie Küche ist danach zu putzen, es spritzt recht lustig herum. Danach mit der flotten Lotte von den Kernen trennen.
Margaretha Rafelsberger
Liebe Margaretha,
Löschendanke für deine Zeilen! Ja, ich finds so auch am effektivsten 😊
Liebe Grüße!
Maria